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Doch weil der Himmel jetzt,
Die Jagdlust sehr benetzt,
Soll dieser Ort, der solchen kennet,
Zur „Naßen Kuchen" sein benennet.
Der Vers bezieht sich auf den 17. Juni 1729, wo der Sohn Friedrich des
Markgrafen Karl Wilhelm von Baden — des Gründers von Karlsruhe — mit
der Jagdgesellschaft im Röttier Wald von einem Wolkenbruch überrascht wurden
, als sie sich gerade beim frugalen Mahl befanden. Alsdann wandten wir
uns Mappach zu, wo uns die alte Poststraße aufnahm und zum „Susenhart"
brachte, dem ehrwürdigen Landsgemeindefeld der Markgrafschaft. Welch herrliche
Aussicht! Wir stehen in einer der Herzkammern der Heimat. Hier standen
sie durch Jahrhunderte hindurch, in Wehr und Waffen, die Fähnlein der Söhne
dieses Landes, in. Viertel gegliedert, unter ihren Hauptleuten, Räten und Feld-
waibeln, und vor ihnen ihr Fähnrich, der ihr Feldzeichen über ihren Häuptern
flattern ließ. Da zogen die Bilder vergangener Tage an unsern Augen vorüber
— aber wie wenige wissen heute noch von diesen Stätten ihrer eigenen Geschichte
! Der 30-jährige Krieg hat alle Fäden, die weiter zurückführten, abgerissen
.
Das „Hephata, tue dich auf" erinnerte uns an den Hertinger Präzeptorats-
vikari Hebel, der einst eben auf diesen Wegen gewandelt ist. Wir fuhren denn
auch hinein nach Hertingen, sahen dort das Pfarrhaus mit seiner Gedenktafel.
Uelber den Schliengener Berg gings hinab nach dem alten Baslerort Schliengen,
allwo der junge Hebel mehr als einmal im „Baselstab" ein Schöpplein getrunken
hat. Der Schliengener ist kein übler Tropfen; daher hatte der alte Hagin mit
dem jungen Herzen sein Fähnlein hier zur Atzung geführt, und er erntete
viel Lob. Hier auch ^beginnt das Adelsland der Markgräfler Weine „Letten",
Schäf und Reggenhag! Ja, Hermann Burte: „Rebe vom Buck ans Ziel!" — Am
fast verborgenen Hach vorbei ging die Reise über die alte Post vor Müllheim
durchs Weilertal, am alten Schmelzofen von Oberweiler vorbei hinauf zur
Sirnitz, dem alten Köhlerdorf, abgegangen mit dem Abbau des Schmelzofens
unten im Tal. Man brauchte keine Holzkohlen mehr. Das billigere mit den
Steinkohlen der Ruhe geschmolzene Eisen machte den Betrieb der Holzkohlenhütten
unrentabel. Dafür erinnerte uns der wohlschmeckende Kaffee und der
gute Tropfen auf dem Haldenhof an den kommenden Teil der Fahrt, der uns
zunächst über Heubronn—Neuenweg hmabbrachte ins Tail der kleinen Wiese.
Ernst Niefenthaler, der bäuerliche Dichter und gute Mensch stand vor uns, in
Tegernau schauten wir auf den Berg der alten Waldeck, erblickten weiter vorn
die Mauerp der Rotenburg und fuhren dann ins breit gewordene vordere Tal
ein, das uns über Gündenhausen rasch nach Brombach entführte, wo sich die
Sippe fröhlich auflöste und jeder seinem Heim zusteuerte, nicht ohne sich mit
Dank und Fröhlichkeit von Vater Hagin verabschiedet zu haben.
Ja, eine Fahrt durch die Markgräfler Heimat — das ist schon etwas Einzigartiges
! Da blättern wir in einem aufgeschlagenen Buch, das zu uns sprechen
will. Und es weiß viel zu erzählen. Nur bedarf es eines kundigen Menschen,
der seine Heimat in jahrzehntelangen Wanderungen kennen gelernt hat und
die Spuren der Geschichte zu deuten weiß aufgrund der Quellen. Davon hat
die Sippe Hagin allerlei erfahren und wer dabei war, wird's so leicht nicht
vergessen. K. Seith.
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