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gleich zu verzweifeln; sie sollen größte Geduld aufbringen, sich bemühen, solange
noch einige Hoffnung übrig sei. Sie sollen auf jeden Fall diese schwachen
Schüler nicht öffentlich, bloßstellen. Falls aber bei diesen Schülern nach Verlauf
einer ziemlichen Zeit und nach vergeblicher Anwendung aller Hilfsmittel jede
Mühe umsonst gewesen, soll den Eltern geraten werden, ihre Kinder von der
Schule zu nehmen und sie einem Beruf zuzuführen.
Bis in kleinste Einzelheiten befassen sich die Statuten der Lörracher Kapitel-
schule, die seit 1715 Pädagogium heißt, mit den Aufgaben und Pflichten des
Prorektors, der als Leiter der Schule dem Lörracher Stadtpfarrer, dem Spezial,
und dem markgräflichen Kirchenrat unterstellt ist. Alle drei Lehrer der Anstalt
, Prorektor, Präzeptor der zweiten und Präzeptor der dritten Klasse, gehören
als Geistliche dem Kapitel an, und ihre Rangfolge in demselben ist genau
festgelegt. Die Berufung zum Prorektor erfolgte nicht nur nach Maßgabe besonderer
pädagogischer oder die Verwaltung betreffender Fähigkeiten, der
Leiter des Pädagogiums sollte sich auch durch Veröffentlichung wissenschaftlicher
Arbeiten auszeichnen. Jedoch war es offenbar bald nötig, einem falschen
Ehrgeiz entgegenzutreten. So wird der Prorektor mit einer Strafe von 20 Talern
bedroht, wenn er sich mit dem Titel eines Prorectors Paedagogii nicht zufrieden
gebe und sich Prorector Gymnasii nenne. Der Markgraf verlangt von
dem Leiter der Schule, daß er öffentliche Reden halte und wissenschaftliche
Untersuchungen drucken lasse. Diese Schriften wie auch die poetischen Werke
des Prorektors dürfen aber unter keinen Umständen in Basel gedruckt werden.
Der Spezial wird bei Vermeidung der fürstlichen Ungnade dafür verantwortlich
gemacht, daß alle zum Druck vorgesehenen Schriften zunächst dem Konsistorium
in Durlach zur Zensur vorgelegt und dann von der markgräflichen
Hofdruckerei übernommen werden.
Mit eindringlichen Worten wird der Leiter des Pädagogiums aufgefordert,
darauf zu sehen, daß sowohl „Docentes wie Diszentes" ihren Pflichten nachkommen
, daß der vorgeschriebene Lehrstoff entsprechend behandelt wird, daß
daran nichts eigenmächtig geändert wird, daß die Schüler ihren Lehrern mit
dem gebührenden Respekt begegnen usw. . . Neben der Inspektion des Unterrichts
wird ihm die Verwaltung der Schulgelder und der Bibliothek übertragen.
Zweimal im Jahr soll er den versammelten Lehrern und Schülern die Schul-
statuten vorlesen und auf ihre Beobachtung dringen. Die Präzeptoren soll er
in Gegenwart des Oberamts und des Stadtpfarrers in ihre Klass-en einführen,
die neu eintretenden Schüler nach Erläuterung der Statuten durch Handschlag
zu deren Befolgung verpflichten. Es gab wohl auch Schulleiter, welche nicht
abgeneigt waren, irgendwelche privaten Vorteile mit ihrem Amt zu verbinden,
wenn sich Eltern für Aufnahme ihres Sohnes erkenntlich zeigen wollten. Darauf
zielt die Bemerkung, der Prorektor dürfe für seine Bemühungen von
niemand eine Vergütung fordern, „jedoch aber, wenn ihm von Reicheren
etwas gegeben würde, mag er es wohl annehmen."
Wie bereits erwähnt, verlangt der Markgraf nachdrücklich, daß der Charakter
der Schule als Pädagogium gewahrt werde, daß sie in keiner Weise dem
Gymnasium gleichzusetzen sei. So wird dem Prorektor zur Pflicht gemacht, die
Landeskinder und Stipendiaten, welche das Lörracher Pädagogium verlassen,
darauf hinzuweisen, daß sie anschließend nicht gleich eine Universität beziehen
dürfen, sondern zunächst noch das Gymnasium in Durlach besuchen müssen,
um dort die „Lectiones publicas" zu hören. Bei Nichtbeachtung dieser Vorschrift
wird dem ehrgeizigen Prorektor eine Strafe von 10 Talern angedroht.
„Die jedesmaligen Übertreter aber oder ihre Eltern sind um 20 Reichstaler
zu strafen und jene dazu in unserm Fürstentum und Landen nicht nur aller
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