Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1954-02/0008
stellten, erschüttert. Dennoch beschloß er, persönlich am großen Werk zu
seinem Teil mitzuarbeiten, als er aufgefordert wurde, als Sekretär in das neu
gebildete Ministerium des Auswärtigen, dessen Lebensdauer dann ja nur wenige
Monate betrug, einzutreten. Und doch erkannte Roggenbach rasch, wie unfruchtbar
seine Tätigkeit war. Schon begannen nach den revolutionären Ereignissen
die Regierungen der großen Bundesstaaten wieder festen Boden zu
gewinnen und den Frankfurter Beschlüssen entgegenzuarbeiten, während die
kostbare Zeit im Parlament mit doktrinären Erörterungen vergeudet und in
der Zentralgewalt nicht genutzt wurde. So klagte Roggenbach seinem Freund
Jolly am Weihnachtsabend 1848: „Wie heute die Sachen stehen, erwarte und
hoffe ich nichts mehr von der hiesigen Versammlung. Das Höchste, was sie
vielleicht geleistet hat, ist — außer der Erfahrung — das Zusammenbringen
des Materials, das in den Ausschußverhandlungen für künftige Baumeister
des Reiches bereitliegt. Das moralische Ansehen, welches allein die Nationalversammlung
hatte und das ihren Beschlüssen Nachdruck verleihen konnte, ist
fort. Vielmehr hebt in wahrem selbstmörderischem Ringen eine der gleichen
Hälften die Wirkung der anderen geradezu auf. Bei solchem Stande hielte ich
es immer noch für das beste, wenn sich die ganze Geschichte auflösen würde,
daß auf kurze Zeit gar kein Bundesband mehr die Einzelstaaten verbände.
Preußen aber, der einzige Staat, der keines Anhalts bedarf, mag dann die
gefallene Fahne der Einheit hoch erheben, bei sich zu Hause eine liberale Verfassung
durchführen und sich den Nimbus alleiniger Rechtlichkeit retten, während
es den Gegnern, die geopfert werden müssen, alles Odium des Ungehorsams
gegen die Beschlüsse der Nationalversammlung überläßt. Freilich
ist die Hauptsache fraglich, da in Preußen die Menschen fehlen, die entsprechend
handeln können."

Am 18. Mai 1848 war in der Paulskirche zu Frankfurt die Deutsche Nationalversammlung
, die Hoffnung aller Patrioten, zusammengetreten, endlich war
im März 1849 die Reichsverfassung vollendet worden, da lehnte im April 1849
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die ihm angetragene Kaiserkrone
ab, zerfiel die Nationalversammlung, deren letzte Abgeordnete in Stuttgart
aus dem Sitzungssaal vertrieben wurden, gab Preußen seine Bestrebungen,
wenigstens die sogenannte Deutsche Union zu bilden, auf. Als dann der letzte
Akt, die Preisgabe des Verfassungswerkes durch Preußen und die Wiederherstellung
des verhaßten Bundestages, die Reaktion, begann, wurde Roggenbach
von Ekel erfaßt über den an dem deutschen Volk begangenen Verrat,
er eilte in sein heimatliches Wiesental, um seinen tiefen Mißmut zu überwinden.
Am 10. Juli 1850 schreibt er an Jolly, er gebrauche fortwährend „geistige Purganzen
", um den Unrat loszuwerden, den man unter verschiedenen Aufschriften
als „staatsmännische Weisheit", „Patriotismus", „politische Einsicht" und
„ruhige Energie" zu schlucken bekommen hätte. „Ich versichere", so heißt
es weiter, „vor jedermann, der es hören will, in der ganzen Zeit, in der ich
mit den Köchen deutscher Zukunft zusammenkam, bei allen Parteien auch
nicht einer wirklich selbständigen, eine eigene Sache mit Beharrlichkeit,
Rücksichtslosigkeit auf seine eigene Person verteidigenden Persönlichkeit begegnet
zu sein!" Wie sehr Roggenbach aber trotz aller Enttäuschungen nach
wie vor an Preußens Mission zur Einigung Deutschlands glaubte, ergibt sich
aus einem Brief an seinen Freund Samwer, den er in ruhigerer Stimmung im
Dezember 1850 schrieb, und in dem er sich der Hoffnung hingibt, daß doch
auch dem deutschen Volk die Stunde der Einigung schlagen werde. Mit Entschluß
und Klugheit, mit Ehrlichkeit und Willen lasse sich in politischen
Dingen ein Ziel immer erreichen; alles, was gefallen sei, sei unnatürlich ge-

44


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1954-02/0008