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burgundische im 6. Jahrhundert zum Frankenreich; im Jahr 843 wurde das
Land dem Zwischenreich Lothars zugeteilt und ging später von diesem an das
ostfränkische Reich über. Um das Jahr 1000 zog sich die Grenze zwischen dem
Reichsherzogtum Schwaben und dem Königreich Hochburgund mitten durch
das Hügelland, vom Wasgenwald zu den Schlingen des Doubs. In den Jahrhunderten
des Zerfalls des fränkischen Reiches und der Festigung des neu erstandenen
Deutschen Reiches wurden auch die Länder beiderseits des Rheines
eine Beute vorüberbrausender Ungarnschwärme. Im Jahr 917 zerstörten sie
Basel und die Vogesenklöster, im Jahr 926 schweiften sie plündernd von
St. Gallen bis Besancon und bereiteten dem Grafen Liutfried, der sich ihnen
an der Burgundischen Pforte entgegenwarf, im Vorüberbrausen eine schwere
Niederlage.
Zur Stauferzeit ist das Gebiet zwischen Doubs und Iii, Vogesen und Jura
wieder von einer Territorialgrenze zerschnitten: die Grafen von Mömpelgard
(Montbeliard) und von Pfirt beherrschen die Pforte. Beide erstreben auch die
Macht über das feste Schloß Beifort („Schönburg"), dessen Name im Jahre 1226
zum erstenmal erwähnt wird, und in dessen Besitz sich beide Grafschaften
mehrmals ablösen. Im Jahr 1350 gelangte dann Beifort mit der ganzen Grafschaft
Pfirt an das Haus Habsburg, dem es rund 300 Jahre zugehörte, während
die Grafschaft Mömpelgard im Jahr 1408 durch Heirat an Württemberg fiel
und diesem bis 1793 verblieb. Als Rudolf von Habsburg im Jahre 1273 die
deutsche Königskrone empfing, reichte seine Herrschaft von den Alpenpässen
bis vor die Tore der Reichsstadt Kolmar. So stand er dem Rheine und der
Burgundischen Pforte näher als jeder andere deutsche Fürst und bezog hier
gleichsam die Grenzwacht gegen das französische Königtum, welches damals
mehr und mehr gegen Osten ausgriff, nachdem das Herzogtum Burgund am
Oberlauf der Loire und der Seine seinem Machtkreis verfallen war. Rudolfs
Sohn, König Albrecht I., mußte sogar dem Druck Philipps IV. des Schönen
von Frankreich nachgeben und ihm im Jahre 1298 die Freigrafschaft Burgund
als Reichslehen übergeben. Mit diesem Herrschaftsbereich faßte das ländergierige
Frankreich hart vor der Burgundischen Pforte Fuß. Damit tat es seinen ersten
Griff nach den Ländern am Rhein, den König Philipps Kronjuristen bereits
als „natürliche Grenze" beanspruchten. Die Verwirklichung der französischen
Absichten an der Burgundischen Pforte und im Elsaß konnte allerdings noch
nicht ums Jahr 1300, sondern erst über 300 Jahre später erfolgen, nachdem das
im Hundertjährigen Krieg hart getroffene Frankreich aus tiefem Verfall zu
neuer Bedeutung emporgestiegen und der zu ungeahnter Macht gewachsene
burgundische Staat Karls des Kühnen vernichtet worden war. In den vierziger
Jahren des 15. Jahrhunderts zogen die französischen Söldnerscharen der Armag-
naken von Frankreich in den Sundgau, an den Rhein und bis in die Schwarzwaldtäler
. Wo sie hinkamen, so auch in der Pforte, raubten und plünderten sie.
Am 26. August 1444 stellten sich die Schweizer Eidgenossen bei St. Jakob an
der Birs, in der Nähe von Basel, todesmutig den zuchtlosen Haufen entgegen,
die sich darauf sengend und mordend über die gesamten österreichischen Vorlande
ergossen. Ihr Feldherr, der spätere französische König Ludwig XL, hatte
sein Lager vor den Toren der Stadt Beifort aufgeschlagen und hinterließ nach
seinem Abzug am 8. November ein völlig verwüstetes Land.
So hatte sich die Völkerpforte westlich des Rheinknies in Entwicklungen von
weltgeschichtlicher Bedeutung dem nordöstlichen Vorstoß des Römertums und
dem südwestlichen deutscher Völker geöffnet, so war sie das Ziel französischer
Expansionsbestrebungen und zum Einfallstor französischer Soldateska geworden
, als sie zu Ende des 15. Jahrhunderts endgültig dem Deutschen Reich ver-
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