http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0030
es geschah dies nicht selten, doch eindeutig aus landesherrlich-machtmäßigen
Erwägungen und nicht etwa aus einer Neigung für den
Bauernstand
Durch Verordnungen, die Güterverkauf an Ausländer untersagten
und bestimmten, daß ausländische Grundherren ihren Besitz binnen
Jahresfrist zu verkaufen hätten2*).
Diese Maßnahmen führten aber schon allein deswegen nicht zum gewünschten
Erfolg, weil die Untertanen und meist nicht einmal der Markgraf selbst
das Geld für den Kauf von größeren Güterstücken aufzubringen vermochten.
Zudem mußten solche Maßnahmen notwendig unvollkommen bleiben: hütete
man sich nämlich schon zuvor sehr wohl, diese Bestimmungen auf den alten
Grundbesitz von einflußreichen Korporationen mächtiger Nachbarstaaten, etwa
des vorderösterreichischen Klosters St. Blasien, streng anwenden zu wollen, so
konnte man es jetzt ebensowenig gegenüber dem Besitz Baseler Klöster tun,
hinter denen seit der Reformation die wirtschaftliche und politische Macht der
Stadt stand. Auch die zu Ende des 17. Jahrhunderts unternommenen Versuche,
wenigstens die Zehnt ansprüche ausländischer Herren mit Geld auszukaufen24
), blieben im Ansatz stecken. —- Vor allem bei wreiter entfernt liegendem
und sehr zersplittertem Besitz war den Grundherren jedoch der Genuß ihrer
Bezüge vielfach geschmälert und verkümmert; die badische Verwaltung hielt es
nicht für ihre Aufgabe, sie beim Einzug besonders eifrig zu unterstützen, es gab
Verluste und Rückstände in Menge25). Doch auch diese Methode, die Schwierigkeiten
und Widerstände für ausländische Berechtigte möglichst wenig zu mildern
, hat nur selten einen solchen zum Verkauf seiner Ansprüche und Güter
veranlaßt. Im 16. und 17. Jahrhundert konnten die Markgrafen solche im
merkantilistischen Sinn idealen Zustände, wie sie ein völliges Fehlen ausländischer
Berechtigungen dargestellt hätten, nie auch nur annähernd erreichen.
2. Die bäuerlichen Besitzverhältnisse
Im 16. und 17. Jahrhundert überwogen im oberen Markgräflerland bei
weitem die sogenannten „guten Besitzrechte", also Besitz, an dem der Bauer
das Nutzeigentum hatte, das er als Erblehen oder mindestens Zeit seines
Lebens — Fallehen — innehatte. Die Leihe auf befristete Zeit — meist neun
oder zwölf Jahre — spielte ebenso wie die Leihe auf Lebenszeit des Grundherrn
— Schupflehen1) — eine untergeordnete Rolle, und das sogenannte
„Kellerlehen"2), das jährlich aufgekündigt werden konnte, ist nur äußerst
selten quellenmäßig belegt8).
Die Bauern hatten also großenteils ihren Besitz zu vollem Eigentum, doch
läßt sich heute dessen zahlenmäßiger Anteil nicht mehr genau bestimmen. —
Bauernlehen, bei denen über die Lehenzinse hinaus keine weiteren Abgabeverpflichtungen
mehr bestanden, waren außerordentlich selten; in der Regel
war es so, daß der Bauer die verschiedenartigsten Zinse und Gülten, die sich
von den unterschiedlichsten Berechtigungen herleiteten, vom selben Grundstück
geben mußte.
Bei fast allen Leihverhältnissen war dem Grundherrn die direkte wirtschaftliche
Einwirkung auf das abhängige Bauerngut entzogen. Bei weitgehender
Verfügungsberechtigung der Besitzer über die Güter ihrer Grundherrschaft
hatte diese tatsächlich nur noch Bedeutung durch die Lasten, die sie bei
der Ausgabe auf die Güter gelegt hatte. Nur in Fällen krasser Mißwirtschaft
oder der Versäumnis der Abgabcnleistung — das sogenannte „Versitzen"
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