http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0035
Bei der so sehr unterschiedlichen Belastung der Güter mit Zinsen, Gülten
und anderen Abgaben konnte es bei solchen Erbteilungen geschehen, daß keiner
der Erben ein ungünstig liegendes, hochbelastetes und wenig ertragreiches
Güterstück haben wollte und es dann einfach unbebaut und quasi herrenlos
liegen blieb, sehr zum Ärger derer, die davon Abgaben zu beanspruchen hatten.
So findet man in einem Zinsweinberain der Burgvogtei Rötteln für Weil die
spitze Randbemerkung: „NB.: Haben die Erben die guthe güther unter ein
ander zertheilen undt hinweg nehmen können, mögen sie das Schlimme auch
haben undt behalten undt zinßen oder bey gnädigster Herrschafft außwürcken,
daß sie diesen Posten gar auslösen mögen" 32).
Bei diesen Erbgewohnheiten war es natürlich naheliegend, daß man auch die
Erblehens^üter in die Erbmasse einbeziehen und wie alle anderen Güter teilen
wollte. Nun war zwar in fast allen Lehensbriefen die ausdrückliche Bestimmung
enthalten, daß die Güter — zumindest nicht ohne des Grundherrn Zustimmung
— nicht geteilt werden dürften. Daß die Teilungen dennoch in so weitgehendem
Maße durchgeführt werden konnten, ist kennzeichnend für die tatsächliche
Einflußlosigkeit der Grundherrschaft auf die Besitzverhältnisse im
Markgräflerland. Aber nicht nur dort, auch in der Johanniterherrschaft Pleitersheim33
), im bischöflich-baselischen Gebiet um Schliengen und .Istein und in den
angrenzenden vorderösterreichischen Gebieten34) herrschten ganz ähnliche Zustände
. Gewiß haben die Kriege, besonders die des 17. Jahrhunderts, dazu beigetragen
, daß die Besitzverhältnisse einer weitgehenden Anarchie anheimfielen,
sie haben diese Zustände endgültig und für immer irreversibel gemacht; indessen
war der Anspruch der Grundherren, die Besitzrechte ihrer Äcker zu wahren,
schon im 16. Jahrhundert weitgehend illusorisch geworden. Es hätte wohl gar
nicht erst so weit kommen können, wenn für die Teilung der Höfe und Güter
die Zustimmung der Grundherren von Anfang an wirklich und nachdrücklich
erfordert gewesen wäre — sie stand aber damals schon nur auf dem Papier.
Hätte man seitens der Grundherrschaft dem ungeteilten Zusammenhang des
Grundbesitzes von vornherein mehr Beachtung geschenkt, so hätte der Zerstückelung
rechtzeitig und verhältnismäßig leicht Einhalt geboten werden können35
"'). Jetzt war es in den meisten Fällen schon zu spät, um den einmal eingerissenen
Brauch wieder abstellen zu können.
Wie im Hauensteinischen3l), so war auch im Markgräflerland, vor allem
bei den St. Blasischen Besitzungen, die Zersplitterung ins Extrem getrieben
worden. Schon zu Ende des 16. Jahrhunderts beklagte sich die Abtei
St. Blasien darüber, daß ihre Zinsgüter dergestalt zerstückelt seien, daß die
Träger becher- und handvollweise die Zinse einziehen müßten und es oftmals
völlig unmöglich sei, diese überhaupt einzutreiben. 1599 boten die markgräflichen
Behörden ihre Hilfe beim Einschreiten dagegen an; sie wollten auf Grund
der Landesordnung3,;) die „Verkauffung" der zinsbaren Güter nicht gestatten
und verbieten, unter 1 Jüchen (!) zu teilen37). Dies war schon Ende des
16. Jahrhunderts das äußerste, was seitens der Grundherren noch zu erreichen
war — und auch das nur mit Hilfe der gerichtsherrlichen Gewalt des Markgrafen38
). Man kann sagen, daß diese Veränderung der wirtschaftlichen Struktur
des Landes bereits im 15. Jahrhundert deutlich sichtbar wurde; ihr unaufhaltsames
Fortschreiten aber und der Grad, bis zu dem sie durchgeführt wurde,
beweist die Einflußlosigkeit der Grundherrschaft.
Der Grundherr, wo er jeder gerichtlichen Gewalt entkleidet war — dies
trifft mit Ausnahme des Markgrafen selbst auf alle Grundbesitzer im Markgräflerland
zu, wenn wir von den bischöflich-baselischen Orten Istein, Huttin-
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