http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0040
In beiden Fällen betrug der Kaufpreis, analog zu den Zinsverordnungen des
Markgrafen, das Zwanzigfache des Wertes der Gült. — Gülten, die schon seit
lahrhunderten bestanden und früher nicht selten ohne Gegenleistung als
fromme Stiftung einer Kirche, einem Altar oder einem Kloster verschrieben
worden sind, gelten als „ewig und unablösig", bei neuen Gülten wird die Künd--
barkeit (meist mit einem Jahr Ziel) vorher festgelegt. Zur Kündigung ist nur
der Schuldner berechtigt. Sie kann erfolgen gegen Rückerstattung des „Hauptgutes
" (des Kapitals) samt evtl. rückständiger Zinsen und aufgelaufener Unkosten71
). Wurde der vereinbarte Zins nicht gezahlt oder blieb er lange im
Rückstand, so konnte das Unterpfandgut auf Antrag des Gläubigers zwangsversteigert
und dieser aus dem Erlös befriedigt werden. Das aufgenommene
Hauptgut beträgt in der Regel 10 bis 150 Pfund; Schuldverschreibungen in
größerer Höhe sind selten und kommen nur bei großen Korporationen vor.
Bei Teilzahlungen beim Verkauf von Gütern wurden mitunter diese selbst
als Unterpfänder eingesetzt72). — Als eine Art Sicherheitsverschreibung für
geliehenes Geld ist es anzusehen, wenn das Kloster Sitzenkirch 1522
ca. 18 Mannwerk Reben samt einer Hofstatt für 80 Pfund verkaufte, dabei sich
aber, auch gegen spätere Nachbesitzer der Güter, das jus retractus73) um denselben
Preis — wobei sogar laut Vertrag nur die Hälfte des Betrages sowie die
Kosten für Verbesserungen in bar zu zahlen sind — vorbehält74).
Streng verboten war die Geldaufnahme gegen Abtretung der Früchte am
Halm und des Weins am Stock, zumindest solange der „gemeine schlag"75) noch
nicht für das laufende Jahr festgesetzt war; eine solche Bestimmung fand sich
schon in der Landesordnung von 1495 76); in der von 1582 wurde für solches
Vergehen die Konfiskation angedroht77). Die Formen des verbotenen Wuchers
wurden in der Landesordnung von 162278) im einzelnen aufgezählt, u.a.: eine
größere Summe Geldes wird verschrieben als der Entleiher erhält; Äcker, Weingärten
und Wiesen werden in Versatz genommen, der Geldgeber zahlt aber
nur einen Teil in Geld, den anderen in verdorbener, liederlicher Ware aus;
Güter werden dem bisherigen Eigentümer abgekauft von dem Wucherer, der
sie ihm um einen jährlichen Bodenzins wieder überläßt mit dem „boshaften
gemüt, den Zins anschwellen zu lassen, bis dem Gläubiger bedünkt, daß er das
gut zu seinem wucherlichen Vorteil um die verfallenen unbezahlten Zinsen
wieder an sich bringen möge" 78).
Da offenbar manchmal die vielfach geschäftlich nicht so gewitzten Bauern
ihre Güter leichtsinnig belasteten, wurde schon 1517 verordnet: „Item es sol
auch fürhin nit gestattet werden, dass die armen leut so leichtlich zins und gelt
ufnemen, es were denn zuvor durch den vogt erkent, ob inen not thue; und
solichs inen erkent, sol es inen dergestalt zugelassen werden, daß ein jeder ein
verspruch thue, denselbigen zins oder gult in einer anzal jars wider abzulösen
"79). Später80) wurde für eine Geldaufnahme über 25 Pfund die Erlaubnis
der Oberamtleute zu Rötteln verlangt und festgelegt, daß als Unterpfand zunächst
die fahrende Habe und dann erst die liegenden Güter eingesetzt werden
dürfen; der Zweck der Verordnung war, die Leute an die Scholle gebunden
zu haken, damit sie überhaupt im Land blieben. Auch die Landesordnung von
1622 gab nur mit spürbarem Widerstreben und „da sie allenthalben gemein
sind" die Rentkäufe frei, doch unter der Bedingung, daß die jährliche Gült
5 °/o des Kapitals nicht übersteigen dürfe und die Kündigung beim Schuldner
stehe. Wiederum wurde hier die Geldaufnahme an staatliche Genehmigung
geknüpft, die bis zu 30 fl.81) von jedem Vorsteher einer Vogtei, darüber hinaus
nur vom Landesherrn erteilt werden konnte und überhaupt nur gegeben
werden durfte, wenn die Schuldsumme zu produktiven Zwecken und so aufgenommen
wurde, daß sie in einer Reihe von Jahren abgelöst werden konnte82).
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