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eine Frau gab das beste Oberkleid; eine Witwe mußte wie ein Mann den Fall
entrichten. Die Ablösung in Geld war möglich26). Lcibschilling, Leibhuhn und
Fall wurden von den innerhalb Röttelns und Sausenbergs wohnenden Leibeigenen
nicht erhoben2?). Diejenigen, die sich in die Herrschaft Badenweiler
verheirateten, brauchten sich nicht loszukaufen, sie blieben leibeigen und entrichteten
einem zu Badenweiler bestellten Steuervogt die Leibsteuer. Leibeigene
des Markgrafen saßen vor allem noch im Gebiet des Bischofs von Basel in Istein,
Huttingen und im Gebiet um Schliengen; für sie wurde ein markgräflicher
Steuervogt eingesetzt. Ebenso befanden sich markgräfliche Leibeigene im Gebiet
des Abtes von St. Blasien im Zeller und Schönauer Tal, die durch Heirat dorthin
gekommen waren; sie entrichteten die Leibsteuer an den Vogt ihres Herkunftsortes
. Einige wenige markgräfliche Leibeigene wohnten ferner in der
Herrschaft Zell derer von Schönau28).
Leibeigene des Bischofs von Basel saßen in Binzen und Fischingen und vereinzelt
auch an anderen Orten; von ihnen zog der bischöfliche Burgvogt zu
Binzen, der sogenannte Bischofsvogt, die Steuer ein. Der Komtur des Deutschen
Ordens zu Basel hatte Leibeigene und einen Steuervogt zu Fischingen. St. Blasien
hatte noch ziemlich viele Leibeigene im Markgräflerland, besonders in der
Weitenauer Vogtei, die dem Kloster auch leibfällig waren29); Steuervögte saßen
in Weitenau und Ried (in der Tegernauer Vogtei)28).
Bei den im Oberland ansässigen Leibeigenen fremder Herren galt als Regel,
daß, falls bei ihrem Tod der nachjagende Herr den Leibfall erhebt, der
Markgraf die gleiche Summe auch für sich beansprucht und einziehen läßt:i0).
Durch die immer strengere Handhabung der Bestimmung — und zwar
seitens aller in Frage kommenden Herrschaften —, daß niemand sich in ihrem
Hoheitsgebiet niederlassen durfte, der nicht den Nachweis der Unabhängigkeit
von einem Leibherrn erbringen konnte, nahm die Zahl der Leibeigenen unter
fremder Herrschaft im Lauf der Zeit immer mehr ab; um 1750 befanden sich
keine Leibeigenen fremder Herrschaften mehr in der oberen Markgafschaft31).
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Auch dem Inhaber der Gerichtsherrlichkeit stehen eine
Anzahl Leistungen seitens der Gerichtsuntertanen zu, wie z. B. Steuer und
Vogtgeld (hohe Gerichtsbarkeit) und das jährliche Rauchhuhn32), das von
jedem Haus gegeben wurde (niedere Gerichtsbarkeit); vom letztgenannten sind
nur Vogt und Pfarrer frei, ferner Häuser, in denen eine Wöchnerin liegt: in
diesem Fall wurde das Huhn geschlachtet, aber nur der Kopf dem Herrn abgeliefert33
).
Vor allem aber stand dem Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit der sogenannte
Abzug zu, eine Abgabe von 10% des Wertes alles Vermögens, das
— sei es eigen erworben oder durch Erbschaft zugefallen — ins Ausland verbracht
wurde34). Dieser Abzug wurde nicht nur von Untertanen des Landesherrn
, sondern auch von Ausländern erhoben, wenn sie Vermögen aus der
Markgrafschaft fortführen wollten. Gegenüber einer Reihe von Orten und
Herrschaften bestand aber von alters her auf Gegenseitigkeit eine besondere
Gerechtsame bezüglich des Abzugs35): von allem Vermögen, gleich wieviel, das
an diese Orte verbracht wurde, mußte nur ein Gulden, der sogenannte Erbgulden
entrichtet werden, dazu für den Vogt noch 5 Batzen. — Jedoch war
diese Freiheit des Vermögensabzugs ohne Beziehung zur Leibeigenschaft. Wollte
ein Leibeigener an einen solchen Ort ziehen, so mußte er sich vorher von der
Leibeigenschaft loskaufen. Da dem Markgrafen nun bei Personen, die sich an
einen abzugsfreien Ort begeben wollten, die Abzugsgebühr entging, pflegten
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