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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1956-02/0068
VI. Schluß

Der Bauer bildete von jeher das beharrende Element im Staatsleben. Dies
wurde bei der Betrachtung der bäuerlichen Verhältnisse im 16. und 17. Jahrhundert
erneut bestätigt. Aber wenn auch die äußeren Formen der Agrar-
verfassung nahezu unverändert blieben, so wurde doch im einzelnen ein zähes
und hartes Ringen spürbar, das — innerhalb der durch die Rechtsform gesetzten
Grenzen — die Rechte der Herren mehr und mehr auf das Gewohnheitsrecht
oder das schriftlich niedergelegte Wort, jedoch jeweils in seiner
engsten Auslegung, zu beschränken versuchte und sich gegen alles, was die
Bauern als „Neuerung" bezeichneten, zur Wehr setzte. Immer wieder, auch
in den Verordnungen der Obrigkeit wird auf das „alte Herkommen" verwiesen
, und die Erlasse zielen alle vorgeblich darauf ab, einen alten Zustand,
der sich im Lauf der Zeit verändert habe, wieder herzustellen.

Der Bauernkrieg von 1525 ist wohl wesentlich darauf zurückzuführen, daß
die entstehende Landesherrschaft möglichst viel aus den Untertanen herauszuholen
suchte; dagegen wollten auch die Grundherren natürlich nicht zurückstehen
, und sie bestanden auf ihren alten Rechten, die sie vorher nicht
immer in vollem Umfang wahrgenommen hatten. Gegen diese Beanspruchung
seitens des Markgrafen und der kleinen Herren, vor allem aber gegen das
Rückgängigmachen der im Verlauf der letzten Generationen erreichten Erleichterungen
in der Praxis der Abgabenlieferung an die Grundherren, richtete sich
der Aufstand in der Hauptsache.

Nach dem Bauernkrieg ist im allgemeinen eine leichte Besserung in der
Lage des Bauernstandes in unserem Gebiet festzustellen. Von den Erleichterungen
des Baseler Vertrages1) blieben allerdings schon bald nicht mehr viele übrig:
die darin aufgehobenen Forderungen der Herren setzten sich nach langwierigen
Prozessen, jedoch noch unter dem Markgrafen Ernst, größtenteils wieder durch,
so daß als spürbare Verbesserung nur die Aufhebung der Fallbarkeit der Leibeigenen
— aber auch nur für die innerhalb des Hoheitsgebietes des Markgrafen
wohnenden Eigenleute — übrigblieb.

Die wirtschaftliche Lage des Bauerntums ist zu Beginn der Neuzeit nur
schwer zu ermitteln. Im allgemeinen sind nur relative Abstufungen möglich.
Wir können aber feststellen, daß die Bauern im Oberland vielfach sehr eute
Besitzrechte hatten und der grundherrliche Einfluß meist nur gering war. Der
Einzug der grundherrlichen Gefälle war — zumindest seit dem Bauernkrieg —
nicht allzu rigoros; der Bauer konnte auch einige Jahre in Verzug bleiben,
ohne daß dies für ihn und seine Besitzrechte ernste Folgen gehabt hätte.

Die Bevölkerung in unserem Gebiet war keineswegs reich, doch erfreute
sie sich — jedenfalls in Zeiten ungestörter friedlicher Entwicklung — im
ganzen gesehen eines gewissen bescheidenen Wohlstandes. — Den Aussagewert
der vielfach überlieferten Bittbriefe und Gesuche um Nachlaß von Abgaben
darf man nicht überschätzen, denn es ist begreiflich, daß der Bauer in der
Regel geneigt war, seine Lage düsterer zu malen, als sie in Wirklichkeit war,
um eine fühlbare Erleichterung herauszuschlagen: diese Selbsthilfe psychologischer
Art muß bei der Bewertung der Quellen berücksichtigt werden.
Natürlich gab es, wie überall und zu jeder Zeit, auch im Oberland im 16. und
17. Jahrhundert sehr arme Leute — besonders die Familien der Leibeigenen
des Klosters St. Blasien, die dazu vielfach noch auf Gütern saßen, von denen
der Güterfall zu entrichten war und die somit den doppelten Fall zahlen

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