http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1957-01/0046
Einwohner in ihre Heimat zurück und feiern den Tag ihrer Rückkehr mit
einem Gottesdienst8). „Daher rühret eigentlich die große Zuneigung und
Vertrauen der hiesigen Bürgerschaft zur hl. Kreutzkapelle" (Bericht des
Magistrats von Neuenburg vom 10. Sept. 1807). Die Kapelle, die nach dem
genannten Bericht im Jahre 1799 mit einem Aufwand von 800 fl. repariert
wurde, ist etwa 40 Schuh lang und 22 Schuh breit. Unter den Kirchengeräten
werden ein Kelch, zwei alte Meßgewänder, zwei Alben und zwei
Altartücher genannt. Ein ausführlicheres Verzeichnis der Paramente ist uns aus
dem Jahre 1784 erhalten9). Wir nennen daraus: zwei Blumenkränze um
„die Heilig Creüz Bildniß", ein Orgelpositiv, ein kleiner seidener Baldachin
zu dem „vorgewest-hingegen gestohlenen Kreuzpartikel", ein Predigtstuhl, der
„an denen Creutzfesten ausser der Kappelle an der Kirchmauer aufgemacht
und befestigt werden kann", 101 Votivtafeln, 26 wächserne Arme und Füße,
5 eiserne Arme und Füße, 9 hölzerne „Gruggen" (Krücken). Diese Votive
zeigen klar die Bedeutung der Kapelle als Wallfahrtsstätte.
Die Wallfahrt wird am häufigsten von Elsäßern besucht. Dadurch
kommt Geld in den „ohnehin verdienstlosen" Ort. Deutscherseits wird die
Kapelle nur aus den nächsten Orten besucht.
Bei der Kapelle befand sich ein „Eremiten-Häusel"9), bestehend aus
zwei Stuben nebst einer kleinen „Kuchel", einem Keller und einer Bühne
und einem mit einem Hag umgebenen Garten. Es wurde von einem Eremiten
bewohnt, zu dessen Obliegenheiten es gehörte, die Kapelle in gutem Zustand
zu erhalten.
Zur Beibehaltung kann der Neuenburger Magistrat „nichts Gründliches"
vorbringen. Sollte die Kapelle aufgehoben werden, so bitte er um Vereinigung
des Kapellenfonds mit der mittellosen Pfarrkirche aus folgenden Gründen:
die Kapelle wurde neuerlich von der Bürgerschaft erbaut, der Platz in der
Pfarrkirche ist durch die Zunahme der Bürger und infolge des Zustroms
der Katholiken aus den benachbarten evangelischen Orten zu klein, die Pfarrkirche
ist zu reparieren und gehört zu den ärmsten des Kapitels. Von Wichtigkeit
ist, daß als Hindernisse für die Abschaffung der Kapelle das „grenzenlose
Vertrauen der hiesigen Bürgerschaft und der benachbarten Gegend und der dem
Orte hiedurch entgehende Nutzen" genannt werden.
Die Kapelle wurde belassen, mußte aber jährlich 50 fl. an den Religionsfonds
bezahlen. Gegen diese Unbilligkeit wendet sich der Stadtpfarrer Martin
am 3. 8. 1810. Er hebt in seinem Bericht auf den Charakter der Kapelle
als Wallfahrtskapelle ab, kommt auf die finanzielle Lage, vor allem die Ausgaben
zu sprechen und sagt: „Seit undenklichen Zeiten wurde diese Kapelle
als ein Beystand der hiesigen armen Kirche betrachtet".
Anderer Ansicht war das Oberamt Müllheim in seinem Bericht vom
15. Sept. 1810. Es hielt die Kreuzkapelle für entbehrlich; ihre Einkünfte sollten
zu anderen frommen Zwecken verwendet werden. Die Jahrtage könnten in
die Hauptkirche verlegt werden. Die Kapelle könne nach Ansicht des Oberamtes
zum Religipnsfonds beitragen. In dem Bericht wird darauf hingewiesen,
daß die Entbehrlichkeit der Kreuzkapelle bereits 1797 von der Vorderösterr.
Regierung anerkannt worden war.
Ergänzend seien hier die Gründe genannt, die die Stadt Neuenburg der
V. ö. Regierung am 3. 3. 17859) unterbreitet hat, um die Kapelle beibehalten
zu können. Diese Kapelle ist bisher noch „die einzige Gränzmarckung gewesen
, ohne welche die von Auggen ihre unersättliche Bannserweiterung bis
9) GLA Abt. 229, Fasz. 73068.
8) Vgl. F. Huggle, Geschichte der Stadt Neuenburg a. Rh. (Freiburg 1876—81)
S. 310 f.
44
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1957-01/0046