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uraltes Gewohnheitsrecht, das seit unvordenklichen Zeiten und schon vor der
Übergabe des Lehens an die Reichenstein ausgeübt wurde.
Zu diesen Lehensrechten kamen dann hinzu jene landesherrlichen Rechte,
die der Markgraf selbst ausübt. Dazu gehört das jus collectandi, d. h. Abgaben
von den Untertanen zu verlangen, die als gewöhnliche Grundsteuern (die
Schätzung) den Kosten der landesherrlichen Regierung zu dienen hatten, und
bei Kriegs- und außerordentlichen Verhältnissen erhoben werden konnten. Das
Recht der Grundsteuern hatte der Markgraf dem Lehensträger überlassen. Dahin
gehörten der Gemeine Pfennig und die Türkensteuer. Zweifellos mußte Inzlin-
gen beides bezahlen, wenn auch über die Erhebung des Gemeinen Pfennigs in
den Archivakten sich nichts hndet. Dagegen mußten die Inzlinger Türkensteuer
bezahlen: 1608: 385 Pfd., die damals durch den Markgrafen erhoben und nach
Ensisheim abgeführt werden mußten. In den nachfolgenden Jahren wurde pro
Person 10—6 Pfd. gerechnet, 1683 auf 40 Reichstaler seitens der k. k. österreichischen
Regierung festgesetzt, dann aber vom Markgrafen um der Armut
der Gemeinde willen auf die Hälfte, auf 20 Taler reduziert. Kraft eigener
Landeshoheit erhob der Markgraf in den Franzosenkriegen 1688 und später
Kriegskontributionen, die er, um sein Gebiet vor willkürlichen Anforderungen
seitens der in Hüningen sitzenden Franzosen zu schützen, erhob auch von
Inzlingen in der gleichen Höhe wie in den anderen markgräflichen Dörfern.
Die Ausübung dieses Jus collectandi wurde in Inzlingen anerkannt und befolgt
bis 1688. Die Erhebung des Weinungeides wurde ebenfalls anerkannt bis 1720
ohne Widerspruch, ebenso das Salzregal, das der Herrschaft auf Grund des
Lehensrechtes als Salzmonopol und Salzaccis zustand.
Ein Grundrecht des Landgrafen war die Ausübung des Heerbannes.
Man nannte es später die „Mannschaft", die der Landgraf sich auf alle Fälle
vorbehielt, auch wenn er die Landgrafschaft verpfänden mußte, wie es beim
Breisgau zutraf. In der Zeit der Landsknechte nannte man es das „Reisen"
oder die „Reis", sonst das jus sequelae et armorum. Nachweisbar hat der
Markgraf in Inzlingen und auch in Stetten, das hinsichtlich des jus in criminali-
bus ihm unterstand, im 16. Jahrhundert das jus sequelae ausgeübt. Es wurde
durch Einvernahme der ältesten Männer in beiden Orten festgestellt 1545, daß
im Schweizer Krieg aus genannten Dörfern Männer dem Markgrafen Gefolgschaft
leisten mußten und sogar einen eigenen Hauptmann hatten. Später haben
die Inzlinger aber den Kriegsdienst für den Markgrafen abgelehnt, da sie die Aufgabe
hatten, die reichensteinische Feste Landskron, die ja markgräfliches Lehen
war, zu verteidigen. 1569 verlangte der damalige Röttier Landvogt, Frh. v. Ulm,
daß jeder 4. Mann beim Markgrafen reisen müsse. Der Junker wehrte sich
dagegen, weil er für die Landskron aufzukommen habe. 1603 wurde wieder
Reisen verlangt. Der Junker Hans Thüring, der längere Zeit vorher Röttier
Landvogt war, erklärte wieder, daß die Inzlinger zum Pfirter Fähnlein gehörten
und für Landskron einstehen müßten. Es gab aber damals (1613) einige
unbedeutende Differenzen. Das Jus collectandi milites (Einquartierungsrecht)
hat der Markgraf früher kaum ausgeübt, lediglich in den Streitigkeiten zwischen
der Gemeinde und der Röttier Herrschaft 1699, wo er zuerst 4 Mann
in Inzlingen, später etwa 30 Mann vorübergehend strafweise einquartieren ließ.
Jedenfalls hat der Markgraf um 1700 sein Recht auf Einquartierung in Inzlingen
aufrecht erhalten wollen. Eigentliche landesherrliche Rechtsreservate waren in
der Jurisdiktion im civilen Recht die Appellation bei Streitigkeiten zwischen
Gemeinde und Herrschaft in der zweiten Instanz, und das Recht der letzten
Entscheidung in diesen Sachen. Für Rechtsfragen auf dem Gebiete des Inzlinger
Lehensrechtes behielt sich der Markgraf seine landesherrlichen Lehensrechte vor.
Das vorzüglichste Vorrecht auf diesem Gebiet war das jus homagii, d. h. auf
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