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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1958-01/0013
die österreichische Regierung in Ensisheim an, mit dem Markgrafen in Konkurrenz
zu treten, damals, als er seine Hoheitsrechte gegenüber dem Vasallen
Hans Thüring v. Reichenstein wahrnehmen mußte. Noch war es kein Bestreiten
der Landeshoheit des Markgrafen. Jedoch machte man ihm gegenüber geltend,
daß die Freiherren v. Reichenstein zum österreichischen Adel gehörten, mithin
in Disziplinarfragen vor das Gericht des österreichischen Ritterstandes gehören.
Da gleichzeitig schwere Streitklagen gegen den Inzlinger Baron Hans Thüring
v. Reichenstein bei der Inzlinger Gemeinde vorlagen, die sich auf die schweren
Verfehlungen des Junkers bezogen, so wurden auch die Inzlinger in diese
rechtliche Spannung hineingezogen. Die Gemeindevertretung brachte zuerst
ordnungsgemäß ihre Klagen mündlich und schriftlich vor das markgräfliche
Forum in Rötteln. Als aber alle Klagen und Vorstellungen nichts fruchteten
und keinerlei Besserung der untragbaren Verhältnisse eintraten, riß den scharfmacherischen
Elementen der Geduldsfaden. Man suchte in Ensisheim Rückhalt
und Schutz. Dabei hielten sie sich an einen an sich sehr tüchtigen Juristen,
der beim Amt in Ensisheim großen Einfluß hatte, der jedoch, ohne die Rechtslage
von Inzlingen genügend zu kennen, sie immer mehr dahin beeinflußte,
daß nicht der Markgraf, sondern die österreichische Regierung allein in der
Angelegenheit kompetenter Richter sei. So ging der Streit um die Gerichtszuständigkeit
im Falle Reichenstein hin und her. Der Angeklagte wurde vor
das markgräfliche Gericht geladen und erschien nicht, angeblich wegen Krankheit
; er wurde vor das Gericht nach Ensisheim geladen und erschien nicht, weil
ihm seitens seines Lehensherrn mit der Entziehung des Lehens gedroht wurde,
falls er der Zitation nach Ensisheim folge. So ging der Prozeß hin und her,
bis man sich in Sulzburg endlich entschloß, den H. v. Reichenstein nach Sulzburg
vorzuladen und dann in Arrest zu nehmen. Nach fünfmonatlicher Haft
wurde er wieder entlassen und führte daheim sein „epikureisches" gewaltsames
Treiben wieder fort. Man beratschlagte in Sulzburg und auch im Geheimen
Markgräflichen Hofrat in Carlsburg, was zu tun sei. Ein Gutachten lautete auf
Entzug des Lehens; ein Gegengutachten aber ging dahin, daß das eine wirkungslose
Maßnahme sei, weil Reichenstein zweifelsohne ans Reichsgericht appellieren
würde und die Entscheidung erst recht so lange hinausziehe, bis die Verhältnisse
gänzlich zerfahren seien. Die Lage sei gefahrdrohend in Inzlingen geworden. Außerdem
liege kein dolus (Hinterlist oder Treuebruch) vor bei Schädigung des Lehens,
darum fehle ein wesentlicher Rechtsgrund für privatio feudi. So gingen die Jahre
hin. Auf der Seite des Barons kamen bei allen Beteuerungen und Versprechungen
der Besserung immer wieder neue Skandale vor, so zuletzt noch auf der Hochzeitsfeier
, die im Hause des Frh. von Ulm stattfand (1609). Die Lage spitzte sich in Inzlingen
dank dem Treiben radikaler Elemente dahin zu, daß man immer offener
von der Markgrafschaft weg und um so näher nach Ensisheim strebte. Die Inzlinger
trugen alle ihre Klagen nach Ensisheim, weil man von Rötteln nichts mehr
erwartete. Dank der Beratung durch den Dr. Wittenbacher gewann man in Inzlingen
mehr und mehr die Meinung, daß nicht der Markgraf, sondern der Erzherzog
von Österreich ihr Landesherr sei. Man ließ seitens der markgräflichen
Regierung in der Hoffnung die Angelegenheit treiben, daß auch hier durch
höhere Gewalt einmal eine Lösung kommen werde, und daß man mit Gewalt
nur öl ins Feuer gieße, das in Inzlingen brannte. Die Angelegenheit ging zu
Ende, als endlich der 1613 erfolgte Tod des Barons Hans Thüring v. Reichenstein
für alle Beteiligten, die Inzlinger, die markgräfliche Regierung und das österreichische
Amt in Ensisheim eine längst nötig gewesene Entspannung brachte.
Die Stellung der Markgräflichen Regierung war zweifellos durch die von 1601
bis 1613 währenden Wirren in Inzlingen in ihrem Ansehen wirklich schwer geschädigt
worden. Wenn man die konkreten Klagen und ihre Wirkungen bei den

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