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gut schenken: 746 waren bei Cannstatt die Führer der Alemannen der Rache
Pippins zum Opfer gefallen. Ihre Besitzungen wurden _ konfisziert. Wenn wir
uns vorstellen, daß beinahe alle alemannischen Großen ihr Leben hatten lassen
müssen und daß ihr gesamter Grundbesitz nun beschlagnahmt wurde, können
wir uns vielleicht vorstellen, welche Menge Land zur Verfügung stand. Es war
so viel, daß die Krone die Übersicht darüber verlor und manches Stück so
unter der Hand einen neuen Besitzer fand. Mancher Alemanne, der vorher
zu den Franken und zur christlichen Kirche gehalten hatte, kam nun zu Landbesitz
. So verkaufte ein Graf Rudhart im Tahre 746 an das Kloster St. Denis
Güter, die zwischen Wollbach und Kirchen lagen, im Wert von 5 000 Schilling.
Durch solche Schenkungen hören wir oft erstmals den Namen von Ortschaften
und den Namen der Schenkenden. Dabei gilt es, diese Angaben nach
dem heutigen Stand der Wissenschaft zu überprüfen und zu schauen, was wir
heute daraus erfahren können. Lesen wir zwei Beispiele dazu: 758 schenkt
Strachfrid seinen Besitz in Egringen und Müllheim an St. Gallen. Sievert bemerkt
dazu in seiner „Geschichte der Stadt Müllheim" 1886 erschienen: „Der
Mann scheint ein ganz nettes Vermögen besessen zu haben!" Das andere Beispiel
nehme ich aus der „Geschichte der Stadt Schopfheim" von Eberlin 1878,
wo aus der Schenkung eines gewissen Himini 807, die in der Kirche zu Binzen
geschrieben wurde, der Schluß gezogen wird, daß Schopfheim, wo Himini zu
Hause war, an Bedeutung hinter Binzen zurückstehe, und daß Brunko, eine
der Urkundspersonen bei dieser Schenkung, als Stellvertreter des Grafen im
Breisgau bezeichnet wird. Ich komme nachher noch auf diese beiden Schenkungen
zurück. Zwar habe ich hier nur zu den St. Galler Urkunden Stellung
zu nehmen. Es scheint mir aber gerade deshalb notwendig, festzustellen, daß
zwar die erste Erwähnung eines Ortes auf dem glücklichen Umstand beruht,
daß damals diese Schenkungen schriftlich festgehalten wurden und daß uns
diese Urkunden erhalten blieben. Diese erste Erwähnung eines Ortes sagt
nichts darüber, wie lange vorher schon Menschen an dieser Stelle dauernd
wohnten. Ich teile durchaus die Ansicht, daß nur dort, wo aus früheren Zeiten
ein Reihe Gräber gefunden wurden, bei -ineen und -heim -Orten von einer
Kontinuität, von einer andauernden Besiedelung, gesprochen werden kann.
Egringen selbst ist ja kein ursprünglicher -ingen-Ort; es heißt „Aguringas".
Aber es gibt noch einen Hinweis: W. H. Riehl schreibt einmal, daß man auch
aus der Größe einer Gemarkung Schlüsse ziehen könne auf ihr Alter und daß
auch hier das Wort gelte „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!" Wenn ich die
Gemeinden zwischen Weil und Schliengen nach Hektargröße zusammenstelle,
kommt Weil mit 810 ha vor Schliengen mit 794 ha und Haltingen mit 779 ha.
Dann folgt Kirchen mit 644 ha und Egringen mit 627 ha vor Blansingen mit
456 ha, vor Bamlach mit 437 ha, vor Mappach mit 426 ha. Dann erst kommt
der -ingen-Ort Efringen mit 399 ha. Wir können also hieraus schließen, daß
Egringen zu den älteren Siedlungen gehört — nur fragt sich, wann überhaupt
die Gemeinden entstanden sind. Ursprünglich haben wir doch wohl mit einzelnen
Höfen zu rechnen, die mit der Zeit zusammengewachsen sind. Genau wie
der herrschaftliche Besitz noch lange Streubesitz war, d. h. der Herr oder das
Kloster besaß da einige und dort einige zinspflichtige Leute. Mittelpunkt war
der Meierhof, hier der des Klosters St. Gallen.
746 wurde das Schicksal Alemanniens bei Cannstatt entschieden. Schon 758
schenkt Strachfrid seinen Besitz in Egringen, Innighofen (ein ausgegangener
Ort bei Krozingen) und Müllheim an St. Gallen. 763 schenkt Gundpert seinen
Besitz in Egringen demselben Kloster. 775 schenkt Atta der Kirche des hl.
Gallus in Egringen zwei Hörige. Um 800 gibt Wolfpot den Vierteil der Kirche
des hl. Petrus zu Fischingen an St. Gallen. 815 überträgt Wolfini zwei Hörige
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