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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
26.1964, Heft 1.1964
Seite: 31
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1964-01/0033
wöchentliche Sammlungen wenigstens für eine warme Mahlzeit im Tag sorgte. Da
auch in der benachbarten Schweiz und im Elsaß dieselbe Armut herrschte, organisierte
der Schiffermeister Frei in Basel Auswanderungsschiffe, die von Basel nach
Holland fuhren. Er vermittelte auch die Weiterreise nach Amerika. Die badische
Regierung sandte einen Beamten nach Basel, der die Dinge untersuchte und nach
seiner Rückkehr etwa folgendes vortrug:

Die Schweiz gestatte die Auswanderung ohne Anstand, weil die Teuerung allzu
drückend sei. Wohlhabende Familien oder solche, welche ihren Unterhalt selbst
finden können, würden von einem solchen Auswanderungsschwindel selten befallen.
Es sei rätlich, in Baden nach denselben Grundsätzen zu verfahren. Bei den jetzigen
teueren Zeiten besorge manche Familie Arbeiten selbst, welche sonst durch Tag-
löhner verrichtet würden; daher seien manche Taglöhner mit ihrer Familie brotlos.
Ebenso würden bei den jetzigen Fabriken durch die Maschinen manche Menschenhände
unnötig gemacht. Freilich käme mancher Auswanderer als Bettler wieder
zurück, aber diese Leute hätten schon vorher nichts gehabt. Nicht zu verkennen sei
auch, daß manche Auswanderer in Holland in die Hände von Seelenverkäufern
fallen und nach Ostindien statt nach Amerika transportiert werden. Allein, eine
solche Lage sei meistens nicht schlimmer als diejenige, welche ein solcher in seinem
Geburtsland verlassen habe, wo er oft aus Mangel an Arbeit nicht einmal den aller-
notwendigsten Unterhalt finde, sondern sich durch Betteln und Stehlen erhalten
müsse.

Wer denkt hier nicht an J. P. Hebel, der immer wieder vom Zundelheiner und
dem Zundelfrieder und ihren Gesellen zu berichten wußte, wie sie geschickt die
Grenzlage ausnutzten.

Und wie stellte sich die Regierung zu dieser Frage? Eine Ministerialkonferenz,
in der über diesen Vortrag verhandelt wurde, entschied ausgerechnet am 24. Dezember
, es bleibe beim bisherigen Zustand. Obgleich um dieselbe Zeit die Zeitungen
berichteten, wie viele Auswanderer schon in Holland in Not gekommen waren, weil
die Schiffe nicht regelmäßig fuhren und sie so schon dort ihr weniges Geld ausgeben
mußten. Die Zunahme der Zahl der Auswanderer wurde zum Teil auf die Werbung
von Agenten und Schiffsmaklern zurückgeführt, zum Teil auf Gerüchte über neue
Steuern. In den Dörfern war man froh, wenn man die armen Leute los hatte, und
das Amt Lörrach berichtete, man könne bei der Gelegenheit um einen Spottpreis
Güter kaufen. Dazu kam noch, daß von einem Geographieunterricht zu Beginn des
vorigen Jahrhunderts kaum die Rede war, so daß die Leute von den tatsächlichen
Verhältnissen in Amerika keine Ahnung hatten.

Es sei hier ein Auszug aus dem Visitationsprotokoll der Kanderner Schule aus
dem Jahre 1800 eingefügt. Spezial Sievert berichtet: „Es wurde der Vorschlag gemacht
, ob man nicht für nützlich hielte, wann denen Schulkindern der ersten Klasse
etwa wöchentlich einmal Unterricht in der Geographie erteilt würde? Der Präzeptor
Feigler, welcher die nötigen Kenntnisse hat, erbot sich gleich freiwillig, den Kindern
den Unterricht mit Freuden zu erteilen. Die Vorsteher nahmen den Vorschlag mit
Beifall auf und werden vier Landkarten, den Globum, Europa, Deutschland und
den Schwäbischen Kreis zum Gebrauch in die Schule anschaffen. Und damit die Karten
nicht verdorben werden, sie auf Pappdeckel oder ein Brett aufleimen lassen.
Auch die Schuljugend bezeugte eine sichtbare Freude über diesen neuen Zweig des
Unterrichts, und das Spezialat zweifelt nicht an der höchsten Genehmigung dazu.
Kandern ist der Ort, wo die erste Probe damit gemacht werden kann." Feigler war
an der lateinischen Schule in Kandern, nicht an der Volksschule.

In dem Hunger jähr 1817 wanderten von hier 12 Männer, 13 Frauen und
24 Kinder nach Amerika aus. Dann wurde die Auswanderung verboten mit der Begründung
, man habe sie so lange gestattet, weil es despotisch wäre, Menschen, die
im Lande ihre Nahrung nicht finden können, davon zurückzuhalten, in einem

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