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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1965-01/0028
Heutzutage ist der Almosenfonds mit andern kirchlichen Fonds weithin zum
Kirchenfonds vereinigt. Damals aber war er mit gutem Recht, wie wir gesehen,
wenn auch nicht in aller Ausführlichkeit geschildert haben, eigenständig. Er hat
gewiß manche Not etwas gelindert, leider nicht völlig beheben können. Der
Spezial überschaut diese Notlage und berichtet dazu (b. 12): „Die Anzahl der
Hauss-Armen ist nirgends stärker als in Lörrach, Crentzach und Hauingen." Er
meint jedoch: „Es sollte aber nicht gar seh wehr seyn, dieselbe und alle, die sich
in dieser Dioeces befinden, hinlänglich zu versorgen." Eine Voraussetzung
müßte allerdings zuvor erfüllt sein: „wann nur ein Mittel zu ersinnen wäre, dem
Vaganten-Gesindel, welches häufng herumschwärmt, zu wehren". Der Spezial hat
dieses Mittel bereit. Wir werden unten davon hören.

Mit diesen letzten Sätzen klingt eine neue Not an, die in der damaligen Zeit
wie ein Alpdruck auf dem ganzen Lande lag, und von der jetzt die Rede sein
soll.

5b) „Das herumvagirende liederliche Bettel-Gesind"

war in jenen Jahren zu einer unerträglichen und nicht ganz ungefährlichen
Landplage geworden. Die Protokolle lassen sich wie folgt vernehmen: „Der
Uberlauff . . . seye überaus stark, und sie wissen demselben nicht zu wehren, weil
die Armuth der benachbarten Catholiken gar zu gross seye" (Bl. p. 30). „Den
Vaganten wissen sie nicht zu wehren, indem das gantze Land davon voll lauffe"
(K. p. 49). „Von vagirendem Gesind haben sie grossen Überlauff..." (Wi.
p. 105). „Von vagirendem Gesind haben sie von allen Seiten her, und so gar aus
dem Elsass einen unbeschreiblichen Anlauft0" (R. p. 119/120). „Von vagirenden
Bettlern haben sie einen abscheulichen Uberlauff ..." (Ha. p. 181). „Von Vaganten
sey ihr Dorff immer voll und bleiben dieselbe offt 5 biss 6 Tag daselbst"
(W. p. 202) und Grenzach: „Die Vaganten lauffen bey ihnen hauffenweiss an und
seye ihnen nicht zu wehren" (p. 212). Als besonders heimgesucht und offenbar
sogar gelegentlich bedroht nennt Eimeidingen (p. 143) seinen Pfarrer: „ .. . Der
Pfarrer besonders sey in seinem Haus nicht sicher; müsse vor böse Worte noch
Allmosen geben." Als Grund ihres „erstaunlichen Anlauffs" nennen die Eimel-
dinger „die Land-Strasse", die ja auch heute noch mitten durch die Ortschaft
verläuft. Den gleichen Grund gibt auch Blansingen an (p. 30): „ .. . es gehe aber
die Land-Strasse in ihrer Gegend vorbey, da sie allso den Zugang des liederlichen
Gesindels nicht zu verhindern wüssten." Einen auf dem politischen Gebiet liegenden
Grund nennt Brombach (p. 223): „Der Anlauft von fremdem Bettel-Gesind
sey sehr stark, dieweil sie an der Oesterreichischen Grentzen liegen."

Aus welchen Personenkreisen sich die Vagierenden rekrutieren, geben drei
Gemeinden an. Von Blansingen (s. oben) hörten wir schon, daß darunter die
Bewohner der katholischen Nachbargemeinden sind; und Wollbach wird in der
Hauptsache von Ausländern heimgesucht: „Sie seyen von niemand mehr als den
Frantzosen überloffen . .." (p. 72). Es ist nicht zu ersehen, ob damit entlassenes
französisches Militär gemeint ist oder ob es linksrheinische Zivilisten sind, von
denen Rötteln redet (s. oben). Dieses „herum vagirende liederliche Bettel-Gesind"
waren in der Hauptsache wohl von Dorf zu Dorf wandernde, aus Not oder
Arbeitsscheu bettelnde Menschen. Andererseits muß aber auch ein großer Prozentsatz
solcher Leute darunter gewesen sein, denen es auf Gewalttätigkeiten nicht
ankam. Vielfach wird betont, daß das Bettelvolk „vor der Tür" abgefertigt wird.
Efringen begründet es (p. 40): „ . .. aus Forcht vor denselben." Binzen entschuldigt
sich beinahe wegen des Almosengebens (p. 156/157): „Von Vaganten haben sie
starken anlauft, können sich nicht wehren;" und fügt hinzu: „müssen Allmosen

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