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ßreisach, Rubiacum = Ruf ach. In der Schweiz dann: Bulach, Küßnacht, wo das
„t" erst später angehängt wurde, Reinach, Alpnach, Dornach, Sissach, Gibenach
und Munzach.
Dies ist nur eine ganz kleine Auswahl einer großen Zahl von acum-Namen,
die über West- und Süddeutschland, die Schweiz, Frankreich und Italien verbreitet
sind als sichtbare Zeugen des ehemaligen römischen Weltreiches, das sich
nun im dritten nachchristlichen Jahrhundert immer stärker werdenden germanischen
und hier vor allem allemannischen Angriffen ausgesetzt sah.
Die Alemannen — aus Teilen suebischer Völkerschaften hervorgegangen —
werden 213 n. Chr. unter diesem Namen erstmals erwähnt, als sie den obergermanischen
Limes durchbrachen und am Main von dem römischen Kaiser
Caracalla geschlagen wurden. Doch trotz dieser Niederlage sind schon um 260
sämtliche Limeskastelle von ihnen zerstört oder von den Römern aufgegeben. Das
ganze ehemals römische Land bis zum Rhein und zur Donau fiel nach und nach
in ihre Hand. Daß hierbei die einheimische galloromanische Bevölkerung nicht
gänzlich ausgerottet worden ist, beweist die Vermittlung der keltischen und
römischen Ortsnamen an die Alemannen. Vorübergehende Einfälle in Gallien, dem
heutigen Frankreich, und in Italien in den Jahren 261 bis 275 n. Chr. wurden
von den Römern zurückgeschlagen. Ab 285 organisierten diese einen starken
Grenzschutz am Oberrhein mit den Kastellen Eschenz am Untersee, Zurzach bei
Waldshut, Äugst, Breisach u. a. In Äugst wurde damals das Castrum Rauracense
errichtet, auf welches das einige hundert Meter östlich von Baselaugst gelegene
Kaiseraugst zurückgeht.
Ein neuer großer Alemannenvorstoß endete mit der vernichtenden Niederlage
bei Vindonissa, dem jetzigen Windisch bei Brugg. Die Linie Rhein - Bodensee -
Argen - Iiier - Donau wurde nun zur Grenze des römischen Weltreiches. Spätere
Versuche der römischen Kaiser Julian und Constantius IL, das verlorene Gebiet
wieder zu erobern, scheiterten. Im Jahre 354 n. Chr. versuchte Constantius „prope
Rauracum" — nahe bei Augusta Raurica —, also in unserem Gebiet, mit Hilfe
einer Schiffbrücke den Rhein zu überschreiten, um im rechtsrheinischen Gebiet die
alemannischen Könige, die beiden Brüder Gundomad und Wadomar, vor weiteren
Angriffen abzuschrecken. Diese Schiffbrücke läßt wohl den Schluß zu, daß die
beiden festen Brücken bei Wyhlen damals bereits zerstört waren. Dieser Rheinübergang
scheiterte aber unter den Geschossen der Alemannen. Ein Einheimischer
führte jedoch nachts die Römer durch eine Rheinfurt in ihren Rücken, und die
Alemannen wurden nun trotz unentschiedener Schlacht, die hier bei uns stattgefunden
hat, zum Frieden gezwungen. Daraufhin wurde die Rheinfront von
den Römern nochmals stark ausgebaut. Allein zwischen Basel und Stein am Rhein
wurden in den letzten Jahrzehnten 50 Kastelle aus dieser Zeit festgestellt. Trotz
dieser Befestigungen war aber im fünften Jahrhundert die Rheinlinie nicht mehr
zu halten. Seit 455 ergossen sich die Alemannen über den Rhein in das Gebiet
der heutigen Schweiz.
Mit den Alemannen sind wir nun bei den letzten Besiedlern unseres Gebietes
angelangt. Wir haben bisher gesehen, daß gewissen Volksstämmen bestimmte
Ortsnamen zugehören, so daß wir also nach ihrer Deutung sagen können, welche
keltisch oder römisch sind, oder — in siedlungsgeschichtlicher Hinsicht — wo
Kelten und wo Römer gesiedelt haben. Genauso ist es uns nun möglich, dies an
Hand der alemannischen Namentypen und Namenformen für diesen Volksstamm
auszusagen. Doch damit wäre wenig gewonnen, da die Alemannen noch heute
hier wohnen. Sehr wichtig ist für uns aber etwas anderes. Wir wissen zwar sehr
genau, bis wohin die Alemannen vorgedrungen sind, kennen also die äußeren
Grenzen des alemannischen Landes. Was wir aber durch die geschichtlichen
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