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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1965-02/0050
wir manche Perlen, deren Glanz uns zu bleibendem Einduck wird. Einen tiefen Ernst, der
das Leid zu überwinden weiß, aber auch hintergründigen Humor voll Lachens, selbst
jauchzende Tanzfreudigkeit beherrscht die Dichterin. Die schwächeren Kinder ihrer Muse,
die dazwischen stehen, mögen als Beispiele ihrer mehr volkstümlichen Aussage gelten.

Formal ist alles im großen und ganzen richtig gesetzt. Ich sage nichts gegen den
Reim, der im Hochdeutschen allmählich zum Überdruß abgedroschen ist. Die alemannische
Dichtung ist noch jung und verträgt ihn noch. Aber wenn schon, dann muß der Reim
auch „sitzen", und das tut er bei Paula Hollenweger. Es ist ja auch nicht angängig, daß
Strophen - womöglich mit ellenlangen Versen - nur in der 2. und 3. Zeile reimen, wenn
schon der Reim angewandt wird. Wir finden diese Art hier nur in wenigen Gedichten.
Auch den in alemannischer Dichtung seltenen Kurzvers, der schon nach wenigen Silben
den Reim verlangt, beherrscht die Dichterin. Es gelingen ihr auch neue Reime: sait s -
Leid s; Chälter-Felder; würge-schürke usw. Kaum ist ein „Hinkefuß" zu finden.

Was uns in diesem Buche besonders anspricht, ist die reine, schöne alemannische
Sprache. Die Dichterin beweist, daß es ohne weiteres möglich ist, Fremdes, das unsere
Umgangssprache allmählich aufgenommen hat, zu berichtigen bzw. nicht auch noch festzulegen
. Es ist doch ein Jammer, wenn so uralte Wörter wie z. B. „wo" = welcher,
welche, was ungefähr dem englischen ,who' entspricht, durch Nachlässigkeit untergehen.
Wie oft hört man heute „Mond", statt „Moo", das schöne Wort im „Lueg Müetterli,
was isch im Moo". Wenn Hebel andererseits damals den Genetiv „Im Schoß der Felse"
schrieb, den es bei uns nicht gibt, so müssen wir es als gegeben hinnehmen. Wir sollten
aber heute, da uns diese Dinge bekannt sind, alles Falsche vermeiden, wenn wir uns
anschicken, die Sprache aufzuschreiben.

Paula Hollenweger geht in vielem eigene Wege. Ihre Gedichte sind voller Tiefe und
Reife, Schönheit und Wahrheit. Sie gehören zum besten, was unsere alemannische Dichtung
in den letzten Jahren aufzuweisen hatte. Hubert Baum

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