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im Auge behalten müssen, um ein Zusammenreißen des Pfluges zu vermeiden. Mit
Hilfe seines Sohnes grub er dem „Stein des Anstoßes" nach und entdeckte eine
respektable Steinplatte von gegen zwei Zentnern Gewicht. Beim Weitergraben
kam eine weitere Steinplatte und schließlich ein Grab zum Vorschein, dessen
Boden mit Steinplatten ausgelegt war. Das Grab lag in der Längsrichtung von
West nach Ost und war gegen zwei Meter lang. Es war mit Ackererde angefüllt
und enthielt noch einen stark verwitterten Röhrenknochen eines Oberschenkels
und den dazu gehörigen, sehr mürben Beckenknochen. Der Bestattete mußte mit
dem Kopfe nach Westen gebettet gewesen sein, d.h. er sah der aufgehenden Sonne
entgegen. Die Möglichkeit besteht, daß in jener Gegend weitere derartige Gräber
existieren. Die Tatsache, daß sich in dem beschriebenen Grabe nur Knochenreste
vorfanden, läßt den Schluß zu, daß es schon früher einmal geöffnet, nach Fundstücken
durchsucht und eventuell beraubt worden ist. Nur ein Sachkundiger hätte
damals bestimmen können, ob es sich hier um eine Grabstätte aus der Keltenzeit
oder um ein Alamannengrab handelt, auch wenn die sonst üblichen Beigaben
des Toten fehlten. Die unregelmäßigen, rohen Steinplatten mußten, da sich in
der Nähe kein Steinbruch befand, vom alten Bruch am „Falzen" (Steirisi) herbeitransportiert
worden sein, wo sich die gleiche Steinart vorfindet. (Konglomerate,
Rogenkalk, Oolithenkalk.)
Angesichts dieses Fundes erhob sich die Frage, ob Hertingen keltischen Ursprungs
ist oder als alemannische Siedlung betrachtet werden muß, worauf der
Name Hertingen = Heim des Herto hinweist. Ähnliche Hinweise geben verschiedene
Gewann-Bezeichnungen wie: Ettebüll = Ettobühl = Bühl des Etto,
dem Etto gehörig; Löli = Verkleinerungswort vom altdeutschen Loh = Wald =
kleines Wäldchen; Gere = Ebene usw. Andere Gewann-Namen sind indessen
kaum germanischen Ursprungs wie z.B. Giseli, Räligbode, Rüesti, Wirdnet.
Auf einem dem „Rebstl" vorgelagerten Gewann, dem „Rümpel", soll z. Zt.
Karls des Großen ein „Hof Rampolla" gestanden haben, der ein nie versiegendes
Brünnlein hatte. Vielleicht könnte dies zur Annahme berechtigen, daß in dessen
Nähe in grauer Vorzeit menschliche Behausungen vorhanden waren und daß der
auf dem Rebstl Bestattete ein Bewohner davon war.
Die Entdeckung des erwähnten Grabes führte seinerzeit zu verschiedenen
Diskussionen. Die Ansichten darüber, ob es sich um ein vorchristliches Grab handle
oder ob es aus der Kelten- oder Alamannenzeit stamme, gingen weit auseinander.
Es wurde auch die Meinung vertreten, es handle sich um ein Soldaten- oder
Offiziersgrab aus der Zeit der Schlacht am Schliengener Berg von 1796.
Diese Kontroverse führte am 27. August 1921 zur Feststellung, daß es seit
Einführung des Christentums im sechsten und siebten Jahrhundert nicht mehr
Sitte war, derartige Gräber einzeln auf freiem Felde zu erstellen. Auch hätten
sich in Kriegszeiten weder Franzosen noch Österreicher Zeit zur Errichtung eines
Plattengrabes genommen. Die ersteren hätten einem gefallenen höheren Offizier
ein Denkmal gesetzt (wie z.B. das Turenne-Denkmal bei Sasbach u.a.) oder den
Leichnam mitgenommen, die letzteren aber wären dafür besorgt gewesen, daß
ein Toter in geweihter Erde bestattet würde.
Im zweiten Jahrzehnt des laufenden Jahrhunderts wurde in der Nähe des
umstrittenen Grabes ein zwei Fuß großer Stein aus Nephrit gefunden. Aus diesem
Material stellten die Steinzeitmenschen ihre Werkzeuge her wie Steinbeile, Dolche,
Meißel usw. Es könnte vermutet werden, daß auch dieser Fund mit dem entdeckten
Grabe in Zusammenhang steht und auf eine uralte Siedlung zurückweist
. Bestimmtes konnte indessen nicht eruiert werden.
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