http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1968-01/0011
Am 15. 9. 1941 begann der Abtransport über Aktjubinsk — Kasyl-Orda —
Taschkent — Alma-Ata — Semipalatinsk — Barnaul — Nowosibirsk — Tatarsk
in die Kulunda-Steppe, die am 29. 9. 1941 erreicht wurde 8). Die Aussiedlung der
Wolgadeutschen erfolgte also nicht schon 1917, wie Beideck an Beidek schreibt,
sondern erst 1941.
Damit dürfte auch die Frage beantwortet sein, die Heinrich Beideck in seinem
Brief stellt: „. . . ob heute noch eine Beideck-Familie in Beideck wohnt." In die
leeren Dörfer der Wolgadeutschen zogen Russen aus den kriegsbedrohten Westgebieten
der Sowjetunion ein. In Talowka, wie das Dorf Beideck auf russisch genannt
wurde, dürfte also heute keine Familie mehr wohnen, die den Namen
Beideck trägt. Ob noch Beideck in den zentralasiatischen Steppengebieten leben,
wird sich kaum feststellen lassen. Im übrigen wurden die vertriebenen Deutschen
durch Erlaß von 29. 8. 1964 wieder rehabilitiert. An Stelle der Beschuldigung
wegen Spionagetätigkeit trat die Bestätigung ihrer politischen Zuverlässigkeit und
wirtschaftlichen Tüchtigkeit 9).
777. Die Beideck-Familie in Deutschland
Während in den Jahren von 1764 an die Beideck im Wolgagebiet durch zähen
Fleiß wie die anderen Siedler ihren bäuerlichen Wohlstand begründeten, hatten es
ihre Namensvettern in Deutschland auch nicht leicht. Wie oben erwähnt, gehen
die südbadischen Beidek-Familien (bei ihnen hat sich die Schreibung des Namens
mit k behauptet), auf die sich dieser Beitrag im wesentlichen beschränkt, auf Johann
Michael Beidek zurück, der am 8. Oktober 1740 in Staffort geboren wurde
und am 21. April 1806 in Hügelheim starb.
Die Eltern dieses Johann Michael Beidek waren der Weber Johann Martin
Beidek (1705—1764) und Catharina Elisabetha Werner (gestorben 1756). Die
Kinderzahl dieses Ehepaares belief sich auf acht, wovon allerdings drei im Kindesalter
verstarben. Über die Eltern des Johann Martin Beidek erfahren wir etwas
in dem noch im Familienbesitz befindlichen „Schreibbuch" des Johann Martin
Beidek: „Mein Vatter war J. Martin Beidek, Bürger und Becker in Staforth, die
Mutter war Anna Magdalena, eine geborene Trotzin (oder Tronthin), Bürgersund
Küferstochter aus Langenburg" 10). Auch die Großeltern ließen sich noch
feststellen, allerdings ohne genaue Lebensdaten, denn die Kirchenbücher von Spöck-
Staffort beginnen erst nach dem Dreißigjährigen Krieg.
Johann Michael Beidek wurde — wie bereits gesagt — der Stammvater der
südbadischen Beidek-Familien. In seinem „Schreibbuch . . . , darin ist einiges von
seinem Lebenslauf zu finden", steht zu lesen, daß er anfangs des Jahres 1759 zu
Michael Stober, dem Schulmeister in Staffort, in die Lehre gekommen sei und im
Sommer des gleichen Jahres bei Pfarrer Weksler seine Studien des Lateinischen
aufgenommen habe. Anfang 1760 ist er in Karlsruhe, wo er am 3. August Schulkandidat
wird. Schon am 8. August 1760 wird ihm eine Stelle als Schulprovisor
in Schweighof in der Herrschaft Badenweiler übertragen, die er am 5. Oktober
antritt. Mit einer Besoldung von 6 Gulden und 30 Kreuzern pro Jahr zuzüglich
des „Umessens", d. h. wechselnden Mittagstisches bei den Eltern der Schüler, waren
gewiß keine großen Sprünge zu machen. Außer der Versorgung der Schule in
Schweighof oblag dem dortigen Schulprovisor auch der Unterricht und das Abhalten
der Betstunde auf der Sirnitz, wohin er wöchentlich zweimal wandern
mußte. 1767 schließt der nicht mehr ganz junge Lehrer die Ehe mit Elisabeth
Reinhardt von Oberweiler. An Hand der Geburtsorte der zehn Kinder läßt sich
der Lebensweg des Ehepaares Beidek-Reinhardt verfolgen: zwei Kinder werden
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