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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1968-01/0060
Bücher- und Zeitschriftenschau

Adolf Weisbrod: Die Freiburger Sapienz und ihr Stifter Johannes Kerer von Wertheim.
Verlag Eberhard Albert Universitätsbuchhandlung Freiburg im Breisgau 1966
Preis Leinen DM 28,20, kartoniert DM 24,20

Einen ebenso interessanten wie ungewöhnlichen Beitrag zur über 500jährigen Geschichte
der Freiburger Universität bringt Adolf Weisbrod in den Veröffentlichungen des Verlages
Eberhard Albert, Freiburg im Breisgau, unter dem Titel: Die Freiburger Sapienz und ihr
Stifter Johannes Kerer von Wertheim.

Das zunächst sich speziell anmutende Thema erhält durch eine wertvolle Einführung
in die allgemeinen Zustände des mittelalterlichen Universitäts- und Studentenlebens rasch
ein breiteres Interesse und bedeutet auf seine Weise eine Bereicherung der Freiburger Stadtgeschichte
. Darüber hinaus werden wir aber auch über die soziale Lage der Studenten um
1500 allgemein orientiert. Sie führte sehr bald zu den zahlreichen Stiftungen und Bursen,
die auch in Freiburg zahlreich vertreten waren. Ganz nebenbei erfahren wir auch von dem
Bedeutungswandel des Wortes Burse vom „gegerbten Fell" über die „Geldbörse", einer
„Kasse", zum gemeinsamen Unterhalt einer Genossenschaft und schließlich einer „Studiengemeinschaft
", deren Mitglieder dann auch „Bursche" genannt wurden. Solche und ähnliche
Details über das Stiftungswesen im Mittelalter, die Motive der einzelnen Stifter, das Bettelwesen
, die Armenpflege und die Probleme im Zuge der Reformation und Gegenreformation
, die sich auch auf das Stiftungswesen auswirkten, machen das Buch auch für den
historisch interessierten Laien zu einer unterhaltsamen Lektüre.

In einem ersten Hauptteil werden wir mit der Persönlichkeit des Stifters Johann Kerer
von Wertheim vertraut gemacht. Aus seiner Jugend und Ausbildungszeit in Wertheim
sind nur wenige Quellen vorhanden. Dort ist er um 1430 als Sohn einer Weberfamilie
geboren. Schon 1457 kam Kerer als Gründungsmitglied der Universität Freiburg hierher.
Mit Beginn des akademischen Lehrbetriebs 1460 leitete er die philosophische Fakultät und
erwarb sich in Freiburg bald hohes Ansehen. 1471 wurde er Pfarrektor am Münster. 1493
folgte seine Weihe zum Bischof von Augsburg in Rom. 1507 starb er im Alter von 77
Jahren in Augsburg.

Im Verlaufe seiner 51 Dienst jähre konnte Kerer durch seine fortlaufenden Einnahmen
aus den Ämtern und Pfründen bei einer sehr sparsamen Lebensweise ein beachtliches
Vermögen zusammentragen. Schon früh begann er Häuser und Grundstücke damit aufzukaufen
, die er dann später in seinen Vermächtnissen in den Dienst der guten Sache
stellte. Dazu gehörte auch das Studentenheim der Freiburger „Sapienz". Man darf annehmen
, daß dem Verfasser kaum eine Quelle entgangen sein wird, dieses umfangreiche
und vielschichtige Thema von allen Seiten zu beleuchten und so ein lebendiges Mosaik der
Verhältnisse und Ansichten um 1500 aufzubauen. Dies ist u. a. auch in ausführlichen Bestimmungen
über die Verwaltung des Stipendiums, das Ausleseverfahren, das Gemeinschaftsleben
, das den gesamten Tagesablauf der Studenten regelt, und in den Abschnitten
über das Haus und seine Einrichtungen geschehen.

Der dritte Hauptteil verfolgt die weitere Geschichte dieser Stiftung und des Hauses.
Kriege, Pestzeiten, politische und soziale Veränderungen machten auch in den Satzungen
des Hauses laufend Korrekturen notwendig, die auch ihrerseits wieder Rückschlüsse auf
die Zustände in der Stadt oder ganz allgemein erlaubten. 1775 hörte das bisherige Bursen-
leben in Freiburg allmählich auf und wurde 1783 durch Regierungsverfügung sogar verboten
. Das alte Sapienzhaus wurde öffentlich versteigert und 1777 als klinisches Hospital
eingerichtet. Der Erlös wurde der Stiftung zugeschlagen. 1829 zog das akademische
Krankenhaus in einen Neubau in der Albertstraße ein. 1890 erwarb das erzbischöfliche
Domkapital das Kererhaus in der Herrenstraße, dem es noch heute gehört. Durch den
Fliegerangriff 1944 blieb allerdings nur noch ein Torbogen des alten Hauses übrig, der
heute noch in dem wiedererrichteten Gebäude an die einstige Tradition erinnert.

Wenn heute durch die staatlichen Stipendien diese mittelalterlichen privaten Stiftungen
bedeutungslos geworden sind, so zeigt diese Arbeit doch sehr anschaulich, wie für viele ein
Studium ohne diese private Initiative durch Jahrhunderte nicht möglich war. Ein Alumnenverzeichnis
seit 1500, zahlreiche Quellenwiedergaben und -angaben, Literatur-, Orts- und
Personenregister vervollständigen die vorliegende Arbeit und schließen damit eine wichtige
Lücke in der Freiburger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte. Gerhard Moehring

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