http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1968-03/0038
3. Auf dingen und Freisprechen
Der Beginn und das Ende der Lehrzeit, das Aufdingen und das Frei- oder
Ledigsprechen genannt, sind bei den einzelnen Zünften mit unterschiedlichen Formalitäten
verbunden. Meist geht der Lehre eine vierzehntägige Probezeit voraus.
Beim Aufdingen muß teils die gesamte Zunft, teils eine Gruppe von zwei bis vier
Meistern anwesend sein. Oft ist die Zahlung eines Geldbetrages damit verbunden,
der als „Aufdinggeld", „Legegeld" oder „Einschreibgeld" bezeichnet wird. Zur
Zahlung ist fast immer der Lehrling verpflichtet, manchmal auch Lehrjunge und
Meister gemeinsam.
Bei den Müllern soll das Aufdinggeld „nach Billigkeit" und nicht zu hoch
festgesetzt werden. Zahlen muß der Lehrling. Daneben ist noch eine Einschreibgebühr
von einem Gulden fällig. Die Schneider verlangen als Aufdinggeld dreißig
Kreuzer vom Meister und einen Gulden vom Lehrling. Meisterssöhne sind befreit.
Billig ist das Aufdingen auch bei den Küfern, die vom Lehrjungen 45 Kreuzer
fordern. Ein Aufding- bzw. ein Einschreibgeld in Höhe von einem Gulden setzen
die Renken- und Kettenschmiede, die Schuhmacher, die Maurer und Zimmerleute,
die Hechler und die Hafner fest. Etwa gleich hoch ist das Aufdinggeld bei den
Leinenwebern, die ein Pfund (Stäbler) und zehn Schilling nehmen. Eine Staffelung
ist bei der Bäckerzunft vorgeschrieben: ein Fremder zahlt einen Gulden, ein
Einheimischer dreißig Kreuzer, ein Meisterssohn einen Schilling, während Söhne,
die beim Vater lernen, frei bleiben. Ähnlich ist es bei den Hufschmieden, wo der
Fremde zwei Pfund zehn Schilling, der Einheimische einen Gulden fünf Schilling
und der beim Vater lernende Meisterssohn nichts bezahlen. Zwei Gulden Ein-
schreibgeld zahlt man in der Zunft der Rotgerber, fünf Gulden bei den Sattlern,
sechs Gulden bei den Metzgern und fünfzehn Gulden bei der Zunft der Schlosser,
Schreiner und Glaser.
Wie das Aufdinggeld ist bei den Müllern auch die Gebühr für die Freisprechung
„nach Billigkeit" festzulegen, geht diesmal aber nicht zu Lasten des Lehrjungen
, sondern ist vom Meister zu zahlen. Das Freisprechgeld zahlen auch die
Meister der Schlosser-, Schreiner- und Glaserzunft, doch ist die Höhe nicht angegeben
. Einen Gulden zahlt der Schneiderlehrling, wenn er Geselle werden will.
Zwei Gulden sind in der Zunft der Schwarz- und Schönfärber festgesetzt, zahlbar
zur Hälfte vom Meister, zur Hälfte vom Lehrjungen. Wer die zwei Gulden für
die Freisprechung eines Rotgerbers zahlt, ist nicht angegeben.
Bei den Krämern, den Wagnern, den Nagelschmieden, den Barbierern, den
Hutmachern und Seilern werden Gebühren für das Aufdingen und das Freisprechen
in den Zunftbriefen nicht erwähnt.
4. Die Wanderzeit
Eine Ergänzung all dessen, was sich der heranwachsende Handwerker in
seinen Lehrjahren angeeignet hat, vor allem aber eine Festigung seines Könnens
und eine Erweiterunng durch Vergleichsmöglichkeiten mit den Gepflogenheiten
anderer Landschaften und Länder ergibt sich durch die Wanderzeit. Nicht alle
Zünfte scheinen sie zwingend zu fordern: bei den Krämern, den Wagnern, den
Hechlern und den Hafnern enthalten die Zunftbriefe keine Artikel, die sich mit
der Wanderschaft befassen.
Die weitestgehende Freiheit hinsichtlich der Dauer der Wanderzeit genießen die
Schneider; denn bei ihnen richtet sie sich nach der Gesundheit des Gesellen.
Zwei Wanderjahre sollen die Hufschmiede sowie die Renken- und Ketten-
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