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mit den Bayern. Die Franzosen lagerten nun von Weil bis Neuenburg, die Kaiserlichen
bei Pleitersheim. Beide Teile verlangten von der Bevölkerung Lieferungen.
Als 1703 ein fremder Küfer aus Döttingen bei Britzingen erschossen wurde, predigte
Gmelin über Jer. 30, 12-15. Von Breisach her machten 1704 die Franzosen
Plünderungszüge auch nach Britzingen, so daß manche Einwohner flohen. Doch
verzog sich der Krieg nach Bayern, wo die Franzosen und Bayern in der Schlacht
von Höchstädt am 13. 8. 1704 durch Prinz Eugen und Marlborough geschlagen
wurden. Als in dieser Zeit der Britzinger Metzgermeister Barthlin Dörflinger am
24. 1. 1705 starb, sprach Gmelin über Pred. 3, 19: „Denn es geht dem Menschen
wie dem Vieh; wie dieses stirbt, stirbt auch er, und haben alle einerlei Odem, und
der Mensch hat nichts mehr als das Vieh, denn es ist alles eitel." Bei der Beerdigung
des wenige Monate später gestorbenen Schulmeisters Bär, der 28 Jahre lang
in Britzingen unterrichtet hatte, legte er seiner Predigt Joh. 18, 20 zugrunde: „Ich
habe frei öffentlich geredet vor der Welt: ich habe allezeit gelehrt in der Schule
und in dem Tempel, und habe nichts im Verborgenen geredet." Vom Krieg spürte
man soviel, daß die Oberländer Gemeinden an die Franzosen in Breisach fortgehende
Lieferungen zu machen hatten. Nach dem Tode des Markgrafen Ludwig
Wilhelm, des Türkenlouis, der am 4. 1. 1707 mit 52 Jahren starb, gewann der
frz. General Villars die Stollhofer Linien und konnte damit ganz Süddeutschland
erobern. Immer wieder kam es vor, daß durch umherschweifende Soldaten Bürgersleute
erschossen wurden. 1709 wurde sogar auf Britzinger Gemarkung eine Frau
erschossen. Gmelin wählte den Leichentext Joh. 50, 22: „Es ist ein Kriegsgeschrei
im Lande und großer Jammer." Im September 1709 wurde der frz. General Villars
bei Molpagnet in den Niederlanden durch Prinz Eugen und Marlhorough besiegt.
Markgraf Karl wurde bad. Regent (1709—38), und Gmelin hatte wie die anderen
Pfarrer, eine Erbhuldigungspredigt zu halten. Auf den 1711 verstorbenen Kaiser
Leopold folgte sein Sohn Karl VI. (1711—40).
Noch einmal zog sich der Krieg in diese Gegend, als im Oktober 1713 Villars
die Belagerung Freiburgs i.B. begann, die zwei Monate dauerte, währenddem die
Franzosen raubend und plündernd in das Markgräflerland einfielen, so daß fast
alles floh. Auch Gmelin und die Seinen. Sie begaben sich nach Basel. Wer zu Hause
blieb, wurde übel von den Franzosen traktiert. Nach dem Fall Freiburgs Ende
November konnten die Geflohenen wieder heimkehren. Im Jahre 1714 wurde zu
Rastatt und Baden/Schweiz der Friede zwischen Frankreich und Kaiser sowie
Reich geschlossen. Im Jahre 1715, in dessen Sommer Markgraf Karl Karlsruhe im
Hardtwald gegründet hatte, konnte am 31. Oktober das Friedensfest gefeiert
werden mit der Predigt über Nah. 2, 1, dessen letzter Satz „denn es wird der
Arge nicht mehr über dich kommen; er ist ganz ausgerottet", weggelassen werden
sollte. (Bezeichnend für die damalige Unsicherheit!)
Nun war's Friede auf längere Zeit. Gmelin konnte sich in Ruhe seiner pfarramtlichen
Tätigkeit widmen. Immer noch suchte er bei Todesfällen passende, beziehungsvolle
Texte zu nehmen. So auch bei der Beerdigung des Britzinger Bürgers
und Heitersheimer Schaffners Huttinger, Math. 20, 8: „Da es nun Abend ward,
sprach der Herr des Weinbergs zu seinem Schaffner: ,Rufe die Arbeiter und gib
ihnen den Lohn'." — Nach wiedereingetretener Ruhe konnte Isaak Gmelin auch
wieder sein Privatstudium leben, wie das verlangt wurde. In einem Bericht noch
während des Krieges schrieb er: „Meine Privatstudien betreffend, so studiere ich,
soviel ich kann und nit soviel ich gerne wollte und sollte. Denn in Kriegszeiten
es öfters Flüchten und Brennen gibt und ich überdies meine meisten und besten
Bücher nach Basel geflüchtet habe, kann ich ja nit wie ich sollte, ach leider den
studius obliegen. Doch lese ich, ohne einigen Ruhm meine Bibel fleißig als auch
das neue griechische Testament. Item: Müller: Erquickungsstunden, und andere
theol. Bücher, demnach es die Gelegenheit gibt und zuläßt. Meine Predigten
schreibe ich kurz, mit Gottes Hilfe studiere ich soviel ich kann." — Zwar stand
er nicht auf der wissenschaftlichen Höhe seines Vaters Jeremias, aber immerhin
ließ er sich's angelegen sein, sich weiterhin theologisch zu betätigen.
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