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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1969-01/0057
als große, schöne Frauen mit langen blonden Haaren beschrieben, die mit der
Zeit stilisiert, sich zu Elben (Elfen) gewandelt haben. Die mündliche Uberlieferung
am Ort führt den Brauch auf eine Hungersnot zurück, bei der Burschen mit einer
solchen Puppe in den Nachbarorten um Lebensmittel gebeten hätten. Aber der
„Miesme" ging wohl schon früher als jene Hungersnot im Dorfe um und hat denselben
frühen Ursprung wie das andere Brauchtum um Fasnacht, dessen Sinn verkannt
oder nicht mehr bedacht wird.

Dr. L. Glattes (f) von Schopfheim schildert den Ablauf des Brauchs in „Feste
und Volksbräuche im Jahresablauf europäischer Völker" (von E. Fehrle): „Neujahr
ist kaum vorüber, so treffen sich die Buben der letzten Schulklasse in einer
Scheuer, meist unter Anleitung eines Älteren, um die mächtige Puppe zu bauen . . .
Zunächst wird eine kreisrunde Holzscheibe ausgesägt und mit einem Eisenreif beschlagen
. Die Mitte dieser Scheibe, die ungefähr 50 cm im Durchmesser hat, wird
durchbohrt und mit einem festen Stab versehen, der als Rückgrat dient. Drei
weitere Löcher werden im Dreieck um die Mitte der Scheibe gebohrt und ebenfalls
mit Rundstäben versehen, die nach abwärts weisen. Damit ist das Gerippe der
Puppe, das „Stüehli" fertig, mit dem sie auch getragen wird. Aus Roggenstroh
wird nun ein Rock gebunden und am Mittelstock befestigt, darüber kommt ein
zweiter Strohrock, die Frauenjacke. Damit der „Schoß" der Jacke gut absteht,
wird sie ganz oben am Hals des Mittelstabes angebunden. Die Brust wird recht
prall mit Holzwolle ausgefüllt, ein großes, rotes Herz aus Papier aufgeheftet und
rundum dicht mit Buchs besteckt. Die Arme werden aus Weiden gebunden und mit
Efeu oder Tannenzweigen umwickelt. Die ganze Puppe mißt etwa 2,50 m.

Wenn am Sonntag Lätare das Amt vorbei ist, sammeln sich die Burschen vor
der Scheuer, um den Miesme abzuholen. Sie haben weiße Zipfelkappen auf, an
einem Riemen einen „Chriesichratte" umgebunden und eine 4—5 m lange Rute
in der Hand, an deren Ende bunte Papierstreifen flattern. Einer von ihnen bekommt
ein Kissen auf den Kopf und schlüpft unter den Strohrock. Die Rundstäbe
werden so abgesägt, daß er ihre Enden in seinen Handtellern tragen kann. Rock
und Jacke werden mit der Heckenschere gleichmäßig beschnitten. Die Jacke erhält
noch zwei Augenschlitze. Der „Führer" trägt statt der Rute eine Viehglocke,
bindet den Miesme an einen Strick, führt ihn und eröffnet somit den Umzug.
Er läutet, geht voraus durch die Dorfstraßen zu den einzelnen Häusern. Dort
stemmen die Burschen ihre langen Ruten, in deren dickes Ende sie einen Nagel
geschlagen haben, in den Boden und schwingen sie nun kräftig hin und her, daß
die roten und weißen Papierbändel lustig flattern. Dazu rufen sie laut:

Mittfaste fang dr Summer a!

Do mueß jede Bur ne Pflueg ha,

Vom Morge früeh, bis z Obe spät,

Bis er hat seinen Acker eingesät.

Wollt ihr wissen, wer unser oberster Bauersmann ist?

Das ist unser Herr Jesu Christ.

Wir alle sind seine Knechte und Mägde.

Und wenn der Bauersmann nicht wär,

So ständ manchen Herren der Kasten leer.

Un wenn es nur e Schnider isch,

Er setzt sich obe an Tisch;

Isch glich, was er sufft und frißt,

Surriebe, Speck und Schnitz.

Un wenn der wennt, so gent is ob's!

Un gent ihr uns nüt,

So freut euch au der heilig Ostertag nit.

Un lueget au unsere Miesma a!

Un bschauet ihr ihn nit

So erlebet ihr au der heilig Ostertag nit!

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