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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
33.1971, Heft 1/2.1971
Seite: 5
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verjagen, erlitt aber dann — wie die ganze Revolution — jämmerlich Schiffbruch.
Der Krieg von 1870/71 fügte dem Dorf Schäden zu. Eine französische Einheit
überquerte am 31. 8. 1870 sogar den Fluß bei Bellingen, mußte sich aber schleunigst
zurückziehen, als ein deutsches Infanteriebataillon heranrückte.

Schlimmer als die Kriegsereignisse gefährdete im 19. Jahrhundert die Rheinkorrektur
des Obersten Tulla die Lebensgrundlagen der Bevölkerung von Bellingen.
Der begradigte und eingedämmte Fluß überschwemmte nun zwar nicht mehr die
landwirtschaftlich nutzbaren Flächen des Tiefgestades, und die in Inseln aufgeteilte
Flur wurde ein zusammenhängender Komplex, aber der schnelle Lauf des Wassers
führte dazu, daß sich das Flußbett immer tiefer einsenkte und damit den Grundwasserspiegel
zum Absinken brachte. Der dadurch eingeleitete Versteppungsvorgang
setzte sich nach der Anlage des Rheinseitenkanals weiter fort. Die Landwirte
mußten sich teilweise nach anderen Erwerbsmöglichkeiten umsehen, die Fischerei
erlag den neuen Verhältnissen völlig.

Während der Erste Weltkrieg den Ort verschonte, wurden im Zweiten Weltkrieg
rund 40 °/o der Häuser ein Opfer der Flammen. Die Nachkriegsjahre brachten
einen Strukturwandel in der Bevölkerung. Durch Zuzug von Flüchtlingen stieg die
Bevölkerung zwar an, andererseits aber konnte die Landwirtschaft immer weniger
Menschen Lohn und Brot geben. „Auspendler" mußten in Industrie, Handel und
Gewerbe Arbeitsplätze suchen.

Am 20. April 1955 begann in der Geschichte Bellingens ein neuer Abschnitt,
ohne daß man ahnen konnte, wohin er führen sollte. Von einer Probebohrung
erwartete man Aufschluß darüber, ob die andernorts im Oberrheingebiet aufgetretenen
Erdölvorkommen auch im Raum Bellingen vorlägen. Die Wintershall AG
(Celle), die die Bohrkonzession zwischen Müllheim und Basel erworben hatte, kam
nach der enttäuschenden Bohrung bei Steinenstadt (1952; vgl. S. 21) mit neuen
Hoffnungen nach Bellingen. Aber auch hier mußte die Bohrung am 29. 7. 1955
erfolglos abgebrochen werden — erfolglos für die Erdölsucher, nicht ohne Folgen
jedoch für Bellingen.

2. Die Erschließung der Thermalquelle von Bellingen

Bereits während des Niederbringens der Erdölprobebohrung hatte sich etwas
ereignet, was seit den Erfahrungen von Steinenstadt (vgl. S. 21) eigentlich keine
Überraschung war: es hatten sich Anfang Mai Wassereinbrüche bei 592,6 m und
Ende Mai zwischen 628 und 629 m (unter Gelände) gezeigt, durch die die Bohrarbeiten
zunächst stark beeinträchtigt wurden. Durch eine schwierige Zementation
wurde es möglich, noch bis zu einer Tiefe von 1115 m weiterzubohren. Dann wurde
der Versuch am 29. 7. 1955 als erfolglos eingestellt.

Eine Untersuchung des Wassers, das die Bohrung erschwert hatte, ergab eine
Temperatur von 37 ° C und eine Mineralisation von 4381 mg je Kilogramm Wasser
. Bevor die Bohrung gemäß den bergamtlichen Vorschriften vollständig verfüllt
wurde, trat die Gemeinde Bellingen an die Bohrfirma mit dem Wunsch heran, man
möge ihr das Bohrloch zur Nutzung des Thermalwassers überlassen. Deshalb wurde
die Zementverfüllung nur bis etwa 10 Meter unter dem unteren Thermal wasser-
horizont bei 629 m (u. Gel.) eingebracht, darüber eine Tondickspülung bis zur
Geländeoberfläche. Ein Blindflansch schloß das Bohrloch vorläufig ab.

Die Gemeindeverwaltung von Bellingen, an ihrer Spitze Bürgermeister Markus
Ruf, mußte sich nun nach Finanzierungsmöglichkeiten für die Wiederaufwältigung
der Bohrung und nach einer Firma umsehen, die das Vorhaben sachgemäß durchführen
konnte. Im Juni 1956 war es soweit, und nun begannen spannende Wochen
und Monate, denn niemand konnte garantieren, ob die Wiedererschließung gelingen
würde. Nach Entfernung der Tondickspülung mußte eine neue Verrohrung eingebracht
werden, da die Gefahr drohte, daß das nun entlastete Loch zusammen-

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