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allzu festen Badehaus geschadet haben, falls es überhaupt bis dahin alle Gefährdungen
, die ihm durch Erdrutschungen wohl immer gedroht hatten, überstanden
hat. Besagter Hod jedoch soll das Verbot mit dem Neubau eines Badewirtshauses
beantwortet haben. Es hat seinen Platz wohl dort gehabt, wo sich heute das Mittelstück
, der älteste Bauteil des modernen Badegebäudes erhebt.
Das mittelalterliche Badewirtshaus ist die Fortsetzung der antiken Badetradition
und schlägt den Bogen herüber zur Neuzeit. Sicher ist in gewisser Hinsicht ein
Rückschritt zu beobachten; denn der architektonische Rahmen, den die Römer
ihrem Badebetrieb zu geben in der Lage gewesen waren, wurde im Mittelalter stark
vernachlässigt. Wichtig aber ist der Umstand, daß die Verabreichung von Bädern
im wesentlichen nie unterbrochen worden ist, wenn man von Kriegszeiten absieht,
die dem Kurbetrieb noch nie zuträglich gewesen sind.
Ein Blick auf die politische Geschichte der Lande am Oberrhein zeigt, daß
unruhige Zeitläufte recht oft den Menschen in seinem Bestreben nach friedlichem
Fortschritt und Verbesserung seiner Lebensbedingungen behindert haben. Die lange
Reihe derer, die für das Wohl der Gegend um Badenweiler verantwortlich gewesen
sind, reicht von den Zähringerherzögen über die Weifen, die Staufer, die Grafen
von Freiburg und die Fürsten von Fürstenberg bis zu den Markgrafen von Baden,
den späteren Großherzögen, wobei eine Vielzahl von Einzelnamen ausgelassen
wurde, die hier nur mehr Verwirrung als Klarheit stiften würde. Der Herrschaftswechsel
ging jedoch nicht immer reibungslos vor sich. Dazu kam noch der Umstand,
daß auch die Geschichte größerer Räume, des Landes etwa und auch des Reiches,
verknüpft war mit dem Geschehen in der engsten Umgebung Badenweilers.
Das 15. Jahrhundert mit seinem faustischen Streben, die Kräfte des Mikrokosmos
und des Makrokosmos in ein allumfassendes Weltbild einzugliedern, versuchte,
auch dem Wissen um den Segen der Heilquellen auf den Grund zu kommen. Die
Zahl der Ärzte jedoch, die ihre Fachkenntnisse auf einer Universität erworben
hatten, war gering; noch geringer aber war die Zahl derer, die sich nicht an den
Krücken aufgespeicherter Gelehrsamkeit fortbewegten, sondern ihre Behandlungsmethoden
auf eigene Beobachtungen aufbauten. Paracelsus etwa und alle die, die
seinem Bemühen um eine naturnahe Heilung menschlicher Gebrechen Geltung verschafften
, drängten die Quacksalberei und Kurpfuscherei, wie sie von den „Badern"
und ihren Gehilfen ausgeübt wurden, mehr und mehr zurück. In zahlreichen aufklärenden
Schriften, die an den Beginn der Neuzeit zu stellen sind, wurden breite
Volksschichten mit dem Wesen der Quellen, ihren Wirkungen und den bei ihrem
Gebrauch zu beherzigenden Regeln vertraut gemacht.
1560 erschien in Freiburg i. Br. — bereits in 3. Auflage — ein Büchlein mit dem
Titel „Badenfahrtbüchlein", und es sollte „ein gantz kurtzer bericht von allerhand
einfachten und acht und dreißig componirter mineralischer teutschen lands wild-
bädern, wie man im baden und davor Ordnung halten sollte etc. mit angehenckter
Beschreibung, was nutz schrepffen bringe etc." sein. Der Verfasser war der Villinger
Arzt Jörg Maler oder (denn die gelehrte Welt mußte ihre Namen damals latinisieren
) Georgius Pictorius. Badenweilers Therme wird in diesem Büchlein erstmals
im medizinischen Schrifttum erwähnt. Waschungen, Vollbäder, Teilbäder, Güsse und
Massagen wurden dem Gast empfohlen, so daß sich ein fast modernes Bild des
Badelebens abzeichnet. Zeitweilige Lockerungen der Sitten, die etwa den Hinweis
notwendig machten, daß „Manns- oder Weibspersonen ire Heimblichkeiten zue-
decken" sollten, wurden durch Badeordnungen geregelt, die es zu beachten galt,
wenn man nicht mit dem Gericht in Konflikt geraten wollte. Essen und trinken —
so meinte auch Pictorius — gehören nicht ins Bad, und es sei auch unzuträglich,
dort zu schlafen!
Was Pictorius an Heilanzeigen aufführt, erscheint uns heute ziemlich zutreffend.
Dagegen haperte es mit der Quellanalyse und den Bemerkungen über die Entstehung
der Thermen. Hier fehlte es auch den Schriftstellern, die sich in den folgenden
Jahrzehnten mit Heilquellen — und dabei natürlich auch immer wieder mit
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