http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1971-01-02/0021
Zu dieser Zeit bestanden in Badenweiler vier Wirtshäuser, von denen bereits
im geschichtlichen Abriß die Rede war. Es gab darin „allgemeine Bäder", vermutlich
Gemeinschaftsbecken, für 8 bis 20 Personen und „Bad-Kästen", wohl Badewannen,
für 2 bis 6 Personen. „Will jemand aber ein Zimmer oder Badstüblein allein haben,
soll er sich mit dem Wirth der Billigkeit nach verstehen." Inwieweit die Badewirte
in der Lage waren, den Badebetrieb sachgemäß zu leiten, mag dahingestellt bleiben.
Vergeblich bemühte sich der Landesvater, ein herrschaftliches (sprich: staatliches)
Badehaus zu errichten. Die Quellschüttung wurde an die gemeindeeigenen Brunnen,
durch die die öffentliche Wasserversorgung gesichert wurde, und an die Wirtshäuser
anteilig abgegeben. In späteren Jahren kaufte der Staat die Wasserrechte zum Teil
auf, aber noch heute hat eine Reihe von Hotels Anspruch auf Thermalwasser zur
Abgabe von Bädern im eigenen Haus.
1777/78 mußte die Brunnenstube (= Quellfassung) wieder gründlich repariert
werden. Man bemühte sich auch erfolgreich darum, Kaltwasser abzuriegeln, um die
Temperatur zu erhöhen. Ähnliche Bemühungen wurden 1842 und 1863 notwendig.
Dabei beteiligte sich nun auch der Staat an den Kosten mit der Bedingung, daß
ein etwa erzielter Mehrertrag an Thermalwasser nicht an die bisherigen Nutznießer
abgegeben werden solle, sondern der Allgemeinheit zugute kommen müsse.
Die letzten Arbeiten an der Quellfassung wurden durch Oberbaurat Robert Gerwig,
den Erbauer der Schwarzwaldbahn, in den Jahren 1867/68 durchgeführt.
Von 1875 an kann mit der Inbetriebnahme des Kurmittelhauses von einem
Kurort moderner Prägung gesprochen werden. In rasch aufeinander folgenden
Etappen mußten das Badegebäude und das Offene Thermalbad erweitert werden.
Wie lange die jetzt bestehenden Einrichtungen den Ansprüchen genügen werden,
läßt sich schwer abschätzen.
4. Heilanzeigen und Kurmittel
Dem heilungsuchenden wie dem an der Erhaltung seiner Gesundheit interessierten
Gast wird eine Kur in Badenweiler in folgenden Fällen empfohlen:
a) Erkrankung der Wirbelsäule, der Gelenke, der Muskeln, des Bindegewebes und
der Nerven (u. a. chronisch entzündliche, insbesondere rheumatische Prozesse
und Abnutzungserscheinungen, Bandscheibenschäden, Schmerzzustände und Bewegungseinschränkungen
der Gelenke und Muskeln als Unfallfolgen);
b) Herz- und Kreislauferkrankungen (u. a. Durchblutungsstörungen des Herzens,
der Aterien und der Venen);
c) Erschöpfungszustände körperlicher und neurovegetativer Art (vegetative Regulationsstörungen
, Rekonvaleszenz nach Operationen und Allgemeinerkrankungen
, Infektionsanfälligkeit der Luftwege).
Die Absicht des Baineologen ist hier die gleiche, wie sie bereits bei Bad Bellingen
unter Abschnitt 1/5 angedeutet wurde: eine Mobilisierung der regeneratorischen
Kräfte im Körper des Patienten. Dazu stehen eine Reihe von Kurmitteln zur Verfügung
.
Das Hauptkurmittel von Badenweiler sind von altersher die Bewegungsbäder.
Die irreguläre Form des Badebeckens im Hallen-Thermalbewegungsbad mit einer
Sitzbank unter Wasser und einem Haltegestänge am Beckenrand lassen unschwer
erkennen, daß hier bewußt kein Sportbecken, sondern ein Heilbad für die Bewegungstherapie
geschaffen worden ist. Neben dem Hallen-Thermalbewegungsbad mit
seinem 300 C warmen Wasser zählt das Offene Thermalbewegungsbad, dessen
Wasser auf der Quelltemperatur von 26,4 0 C gehalten wird, zu den am stärksten
gefragten Kurmitteln. Das erst vor kurzem neugestaltete Becken mit rund 360 nr
Schwimmfläche wird von zahlreichen Gästen von Anfang März bis Mitte November
bevorzugt aufgesucht. Wer von der warmen Liegehalle über die breite Treppe
in das spürbar weiche Wasser einsteigt, lobt neben der Bewegungsfreude immer
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