http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-01-02/0018
Heute tritt neben das ökonomische Prinzip in der Forstwirtschaft mehr und
mehr das natürliche Prinzip, d.h. die Suche nach dem Ausgleich zwischen wirtschaftlichen
Erwägungen und solchen der Landpflege. Dies erfordert vom Waldbesitzer
beträchtliche finanzielle Opfer, weil die natürlichen Laubholzarten, vor
allem die Buche, die finanziellen Ergebnisse von Nadelhölzern nicht, bei Eiche nur
in Ausnahmefällen, z.B. Vorkommen von Furniereichenanteilen, erreichen, und
auch die Anwendung hoch technisierter Holzernte- und Kultivierungsverfahren in
Mischbeständen bei weitem nicht im selben Umfang möglich sind wie bei reinen
Nadelholzplantagen. Großräumige Industrieländer wie die USA, ja selbst Japan
trennen Erholungswald = Naturpark und Wirtschaftswald = Plantagen zur Holzerzeugung
weitgehend. Dies ist bei unserer hohen Besiedlungsdichte und parzellierten
Besitzstruktur nicht möglich. Die Holzpreise unterliegen dem freien Spiel der
Wirtschaftskräfte, schon aufgrund des internationalen Marktes, können also nicht
willkürlich erhöht werden. Im allgemeinen Trend steigen sie langsamer als die
Kosten der Waldwirtschaft, von denen allerdings viele betriebsfremd, aber für die
Öffentlichkeit erforderlich sind, wie die Anlage und Unterhaltung von Waldparkplätzen
, Ruhebänken, Fußwegen usw. Es ist also unserer Forstverwaltung und
Forstwissenschaft, vor allem auch der Einsicht unserer Waldbesitzer aufgegeben,
wie die landesstrukturell so bedeutsame Frage nach dem Ausgleich der Wirtschaftlichkeit
der Wälder einerseits, ihrer Umweltfunktion und der Waldästhetik andererseits
gelöst wird. Das wäre verhältnismäßig einfach, wenn unser Wald nur
wenigen wohlhabenden und dabei rein auf die Erholungsfunktion eingestellten
Besitzern gehören würde.
Die Besitz Verhältnisse sind indessen folgendermaßen gelagert:
°/o Staatswald Gemeinde- u. Privatwald
sonst. Körperschaftswald
Bund 30 30 40 = 100%
Baden-Württemberg 23 44 33 = 100 %
Südbaden 17 44 39 = 100%
Die Reinerträge im Gemeindewald schwanken außerordentlich, selbst innerhalb
eines Forstbezirks. Gemeinden mit defizitärer Waldbilanz liegen neben solchen
, die noch 50—100,— DM/Jahr und mehr pro ha Reinertrag erzielen, wogegen
durchschnittliche Reinerträge über 200,— DM/Jahr und ha selten geworden
sind. Bei der ungeheuren Vielzahl von Privatwaldbesitzern kann noch weniger erwartet
werden, daß sie für ihren Wald überwiegend landespflegerische Überlegungen
anstellen. Die körperschaftlichen und privaten Waldbesitzer verdienen aber
das Lob, daß sie durchweg in gewollt guter Zusammenarbeit mit den Forstämtern
die nach dem Grundgesetz verpflichtende Bindung des Grundbesitzes an das öffentliche
Interesse anerkennen. Die Forstwissenschaft stellt neuerdings Versuche an,
den Wert der Wohlfahrtsfunktionen des Waldes aller Besitzarten für die Öffentlichkeit
in Geldwert auszudrücken. Diese Versuche sind sehr positiv zu bewerten.
An der vorrangig wirtschaftlichen Funktion des Waldes als Holzproduzent wird
sich aber für viele Gemeinden, gerade ländlicher Struktur, und Privatwaldbesitzer
in absehbarer Zeit nichts ändern können. Seine landschaftspflegerische und Erholungsfunktion
wird den Zwang, aus dem Wald Geld zu erwirtschaften, nicht
ablösen, aber doch in steigendem Umfang zu diesem Ziel hinzutreten in dem
Maß, wie die Freizeit in der heutigen hochindustrialisierten und kommenden
sogenannten nachindustriellen Gesellschaft zunimmt. Wald- und Forstwirtschaft
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Gohsch öbbe ämol in Wald,
muesch d Auge uufmache,
drno wird dr dänki bald
s truurig Harz au lache.
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