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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 51
(PDF, 23 MB)
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schmolz, galt ihre mühende Sorge dem Lebenszweck, den Nachkommen. Ihre Seele
wandert heute noch spürbar durch diese Landschaft, die ihr Gesicht dem Willen
und Wollen der Vorväter verdankt. Die rückläufige Tendenz des 20. Jahrhunderts,
das die uralte Verbindung Scholle—Mensch unterbricht, brach auch manchem
Großvater und mancher Großmutter im Tale zu Lebzeiten das Herz. Die heutigen
Vögte und Förster mögen genaue Prozentzahlen für das veränderte Landschaftsbild
nennen, dem Geschichtskundigen bleibt nur der mahnende Zeigefinger:
„d Bäum sin no nie in Himmel ufe gwachse"!

Heu und Holz, das Brot

Zwei Wirtschaftsfaktoren erhielten dem Volk im Tal der Matten und Wälder
in seiner bald tausendjährigen Geschichte die Lebensfähigkeit: Heu und Holz!

Holz in seiner Ursprünglichkeit und im Endprodukt der Kohlenmeiler war
bis zum 17. Jahrhundert das Zahlungsmittel des Wälders für das notwendige
Getreide; Holz in verarbeitetem Zustand (Schnefelwaren) war bis in unser Jahrhundert
die Beisteuer zum täglichen Brot.

Heu, die Grundlage der Viehzucht, sicherte durch alle Jahrhunderte die eigene
Milchschüssel, deren Nährwert auf Lebensmark und Lebenskraft unbestritten sein
dürfte und in der Beschreibung vom Jahre 1832 ausgedrückt ist: „ein kräftiges und
wahrhaft schönes Geschlecht voll Eigentümlichkeit in Sprache, Sitten und Trachten
wohnt in den rauhen Tälern des Schwarzwaldes". — Viehzucht war zu allen
Zeiten das mittragende Element in der Ernährung; 1773 wird an allen Orten des
Kleinen Wiesentales „mehr Vieh" festgestellt, „wie Matten vorhanden und wie die
Leute überwintern können", und „die Matten sind groß, aber wie größer die sind,
desto mehr stellen die Leute Vieh ein und daher ist immer ein Viehüberfluß vorhanden
". Zu diesem Zeitpunkt kannten lt. Landphysikus die Menschen des Tales
„nicht den Genuß von Rindfleisch", folglich traf die Feststellung von Pfarrer Ziegler
(17SQ), „das Vieh ist der Geldkasten der Wälder", den Nagel auf den Kopf.
Bis in unsere Tage begleicht der Landwirt des Tales Arzt- und Apothekenrechnung
vom „Konto Rindvieh".

Als unbedingt rodungsfördernd kann das alte Recht der

Heuzehntfreiheit

angesehen werden, das den Bewohnern des Kleinen Wiesentals den Lohn der
mühevollen Arbeit im ungeschmälerten Ertrag der Bergmatten garantierte. Die
Vermutung, daß bereits die ersten aus der Reihe der tatkräftigen Rodungssiedler
durch den Umstand, daß der Wald seit eh und je von der Zehntpflicht ausgenommen
war, mit der zugesicherten Gewißheit des zukünftigen steuerfreien Heus im
Tal der Kleinen Wiese den Wald rodeten, kann nicht bewiesen werden. Vogt Fritz
Grether von Tegernau weiß im Streitakt von 1752 nur, daß die Vogtei Tegernau
das Privileg der Heuzehntfreiheit seit uralten Zeiten besitzt und von „Rudolf IL,
der 1322 verstorben", verliehen worden sei. (Hier irrte der rechtsheischende Vogt,
denn Rudolf II. segnete erst drei Jahrzehnte später, nachdem er 10 Jahre nach dem
„Gretherschen Todesjahr" den Basler Bürgermeister getötet hatte, im Jahre 1352
das Zeitliche.)

Urkundlich geht der älteste schriftlich fixierte Beweis über das Sonderrecht
innerhalb des Steuersystems der alten Zeit auf Markgraf Wilhelm von Hachberg,
Herr zu Rötteln und Sausenberg, zurück und ist datiert vom „nechsten Zinstag
nach dem heiligen Ostertag, da man zahlt von Gottes geburte vierzehnhundert-
unddreißig Jahr".

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