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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
34.1972, Heft 1/2.1972
Seite: 63
(PDF, 23 MB)
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Bürden auf sich nehmen. Wenn der Oberforstmeister Rittgeld von uns will, so
können wir uns nicht erinnern, daß dieser Herr nur einen Fuß in unsere Waldungen
gesetzt hätte, wir haben aber gesehen, wie er die Straße nach Neuenweg
ritt....". Herr v. Stetten, Oberforstmeister in Kandern, zutiefst verletzt über
den „behaupteten Ritt auf der Straße", ließ Karlsruhe wissen: „Die Einwohner
der Vogtei sind Intriganten, sie lügen". Zum Beweis fügte er die Forstakten 1761
bei, die zwar eine einmalige, aber immerhin bezahlte „Rittgelddiät" von neun
Dörfern des Tales auswies. Nach einjährigem Ritt durch die Instanzen der Rechte,
wurden die Kommunen verurteilt, die „Ritt-Tax" nach Kandern zu bestreiten.

Der jüngere der beiden Herren Jutzier, die zusammen dem Tegernauer Forst
ein halbes Jahrhundert die Treue hielten, zeigt an seinem Beispiel, wie ein rechtschaffener
Förster, frei von „Holzschiaich" und „Radfahrkünste", sich in jener
Zeit durch die Wälder hungerte. — Gustav Ferdinand, der ältere Jutzier, war
1763 im 14. Jahr im Kleinen Wiesental, als er die Zeichen des herannahenden
Alters spürte. Die Söhne zu jung, das Zipperlein zu hart, bat er den jungen
„Vetter" Wilhelm, der als Sohn des Forstknechts von Emmendingen das Waldhandwerk
verstand, um tätige Mithilfe mit dem lockenden Zusatz „und wenn i
emol gstorbe bi — bisch butzt und gstrieglet". Christian Wilhelm, in der Hoffnung
auf eine zukünftige Forstmeisterstelle, die im Lande sehr begehrt waren, kam und
wurde vom Markgrafen als Forstadjunkt ohne Bezüge bestätigt. Onkel Ferdinand
pflegte den Ischias, Vetter Wilhelm den Forstbereich. Letzterer schrieb nach drei
Jahren dem Landesherrn: „Die Kleidung bestreite ich aus dem väterlichen Vermögen
, Kost und Logis gibt mir der alte Förster; da ich nicht den geringsten Unterhalt
habe, sah ich mich genötigt, mich mit des hiesigen Försters ältester Tochter
zu verheiraten." Junge Jutzier sprangen in der Folgezeit durch Tegernaus Auen,
lebten von Großvaters Gnaden und zwangen den Vater, sich notgedrungen dem
Markgrafen anzuvertrauen. Nach viermaligem Anlauf bekam er 1769 endlich das
„kleine Kostgeld", das jährlich 26 Gulden, 5 Ohm Wein, 2V2 Sack Roggen und
5 Sack Hafer betrug. Das notwendige Brennholz kaufte sich Wilhelm reell bei den
„Wäldern". Zwei Jahre später schrieb er dem Markgrafen: „Not und Theuerung
haben mich gezwungen, vom Schwiegervater hinwegzuziehen und eine eigene Wohnung
zu nehmen, in dieser harten Gegend braucht man aber Holz." Acht Klafter
wurden ihm bewilligt. — Ferdinand, der Unverwüstliche, dachte nicht ans Sterben;
er wurde steinalt, und Wilhelm versah 31 Jahre lang mit dem „kleinen Kostgeld"
den weitläufigen Tegernauer Forst. Seine Frau kränkelte, dem Schwiegervater
wollte er nichts „abfordern", die Kinder wuchsen ins Leben; 1781 bekam er auf
untertänigstes Flehen eine kleine Zulage, die insgesamt zum Leben zu wenig, zum
Sterben zuviel war. Er lieh sich Geld, ließ den ältesten Sohn Theologie studieren,
wartete auf bessere Zeiten und bekam graue Haare. Erst 1794 starb der alte
Förster, die Stunde des Aufatmens schlug. Drei Jahre währte das amtliche Försterdasein
, dann wurde Wilhelm krank. Für die 31 Jahre, die er dem Idealismus
opferte, bekam er den Dank des Oberforstmeisters: „Jutzier in Tegernau ist solch
ein elender Mensch, daß er beinahe ein Contrakt ist". Die Ursache für die Mahlsteine
des Vorgesetzten, zwischen die Wilhelm geriet, war die Sympathie der
Wälderbauern, die seine Rechtschaffenheit bestätigend dem Markgrafen bezeugten.
Tegernau schrieb: „Förster Jutzier hat seinen Forstdienst durch alle Jahre in aller
Treue versehen, wir haben niemals klagen können". Neuenweg und Bürchau bescheinigten
„Ordnung und Redlichkeit", Bergwerksinspektor Herbster, der sich
persönlich für ihn einsetzte, gab ihm das Prädikat eines „rechtschaffenen Mannes".
Es half nichts, 1797 wurde Christian Wilhelm Jutzier auf Betreiben des Oberforstmeisters
von Stetten suspendiert. Er schrieb sich die Finger wund und wollte,
seine Ehre hergsetellt wissen. Obwohl Wilhelm Jutzier dem Markgrafen mitteilte:
„Ich opfere bei elender Bürde im Dienste Eurer Hochf. Durchlaucht meine jungen
Jahre, mein Vermögen und meine Kraft. Durch den sauren Dienst, durch die
steilen Felsen und Gebirge wurde mein Körper abgemattet, meine Kräfte habe

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