http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0063
gelänge, den Wagen mit dem Finger in der Langwid anzuhalten, ansonsten sollte
man ihn ziehen lassen, wohin und zu welchem Herrn er mochte, ohne einen „nachjagenden
Vogt" befürchten zu müssen.
Wenn ein Gotteshausmann von einem fremden Herrn gefangen würde, sollte
ein Herr von St. Blasien einen Tag und eine Nacht um ihn reiten und werben, ebenso
ein Vogt, bis ihm der Stegreif unter den Füßen „zerschlisset".
Allen Rodeln gemeinsam ist das Gesetz, nach dem Eltern und Kinder dem Kloster
hörig geworden sind: So ein Gotteshausmann ein „fries Wib nimbt und zuo ihr
an das Bett tritt und sich entgürt hat", hat sie ihre Freiheit verloren, und ihre Kinder
werden des Gotteshaus eigen. Gleicherweise galt das auch für den freien Mann,
wenn er „sich entschuht" und an das Bett eines dem Gotteshaus eigenen Weibes trat,
wurde auch er wie die Kinder aus dieser Ehe dem Kloster eigen, also der Freiheit
verlustig. Der Weitenauer Rodel bevollmächtigte den Propst, eine vom Gotteshaus
belehnte Witwe zu zwingen, einen Mann zu nehmen. Dem 18 jährigen Gotteshausmann
sollte er gebieten, sich zu weiben, auch dem vierzehnjährigen (!) Mädchen, sich
zu verehelichen; ein Pfd. Strafe war bei Widersetzlichkeit fällig. Ohne Erlaubnis
des Propstes durfte niemand aus der Hörigkeit geistlich oder eine Begine, also nicht
Mönch oder Nonne oder Pfründner in einem anderen Kloster oder Bürger einer
Stadt werden. Nur wenn der Propst den Eintritt ins Kloster Weitenau versagte,
konnte man sich in einem ordensverwandten Gotteshaus weiter bewerben und wurde
mit der fahrenden Habe freigegeben, das liegende Gut verfiel aber Weitenau.
Auch das Erbrecht regelte der Weitenauer Rodel: Söhne und Töchter aus erster
Ehe hatten gleiches Recht auf ihr Erbe. Aber Eltern konnten nach ihrem Ermessen
entscheiden, von ihrem fahrenden Gut dem einen Kind mehr als dem anderen zu
vermachen. Starb der Vater oder die Mutter, dann fiel den Kindern die Hälfte des
Gutes zu, die andere Hälfte dem überlebenden Elternteil, der diese auch bei einer
Wiederheirat mit in die neue Ehe nehmen durfte.
Wer ohne Erlaubnis aus der „Genossame" in eine andere Herrschaft heiratete,
hatte sich wegen der „Ungenossame" zu verantworten und verfiel „mit Leib und
Gut". „Erstarb er bei der Ungenossami", fielen dem Gotteshaus zwei Teile der
fahrenden Habe zu, nachdem der Fall im voraus schon genommen war.
Der Todfall wurde lange Zeit sowohl als Güterfall vom Gut wie auch als
Leibfall von der persönlichen Hörigkeit gefordert. Beide Fälle hatten wohl denselben
Ursprung in der Hörigkeit des frühen Hof Verbandes; denn die Fallgabe beim
Tode sollte das Heimfallrecht für den Grundherrn wie auch die persönliche Abhängigkeit
bestätigen. Während der Leibfall schon seit dem 16. Jahrhundert mit
Wenigem ablösbar war und vom Markgrafen als dem gleichzeitigen Leibherrn nach
dem Bauernkrieg erlassen worden war, bestand St. Blasien bis zuletzt grundsätzlich
auf dem Güterfall, vor allem bei Erblehen, konnte aber mit einem gewissen Betrag
in Geld beglichen werden. Der Rodel bestimmte, daß beim Ableben des hörigen
Bauern „alle seine Güter, die da hörent in den Hof, fällig sind mit dem Besthaupt,
das sie verlassen oder dem Gewand, das ze ihrem Libe gehörte, alle, ob sie des
Gotteshaus eigen oder nur mit Gütern, lützel oder viel, belehnt wären". Ausführlich
darüber schreibt der Rodel von Steinen: Stirbt ein belehnter Mann, nimmt der Leibherr
den Fall zuerst. Wenn der Sohn als Gotteshausmann vom Hof wegstirbt, fällt
für ihn der Vater, wenn er bei „glicher Spis", im gleichen Haushalt lebte, oder entsprechend
der nächstälteste gotteshauseigene Bruder, wenn der Vater weder Gotteshausmann
noch Belehnter war. Fälle, welche nach dem Tode des Erblassers noch
nicht „urich" waren, sollten von den „Gemeindern", den Angehörigen oder Erben,
verteilt und innerhalb vier Tagen nach Basel oder St. Blasien auf deren Kosten geliefert
werden. In Niedereggenen waren alle Schuppisgüter fallbar, auch Güter,
welche mit der Zeit von anderen Herren dazu erworben worden sind; „ob lützel
oder mehr", danach gab man den Fall. — In Weitenau schuldete der älteste Sohn
nach dem Vater den Todfall, und nach ihm der nächstälteste.
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