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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1972-03-04/0084
die ca. 1350 erwähnte Gewässerbezeichnung zwischend dem wasser Etzlenfurt vnd
dem wasser der Sirnitz 23) zusammen. Damit ist Sirn(i)tz als ursprünglicher FlN.
einigermaßen gesichert.

Die Herleitung von Sirnitz aus einem vorgerm. FlN. * Serantia muß Spekulation
bleiben, solange nicht mehr historische Erwähnungen bekannt sind, sie stößt
aber auf keine nennenswerten lautlichen Schwierigkeiten. Zum Vergleich diene
unter Achtung der verschiedenen Wurzelvokale der FlN. Wörnitz, links zur
Donau bei Donauwörth: 15. Jh. Wernitz, 1262 Wernze, 1053 Werinze, 9. Jh.
Warinza, woraus auf vorgerm. *Varantia geschlossen wird24). In ähnlicher Weise
kann * Serantia über die Stufen ahd. * Serenza — * Serinze, * Sirinze — Sirntz(e)
zu Sirnitz geworden sein.

Als Typus würde der vorgerm. FlN. * Serantia gut in das System der sogenannten
„alteuropäischen Hydronymie" passen. Das bedeutet, daß er zu den
ältesten F1NN. Mitteleuropas überhaupt gehört. Als alteuropäische Namen gelten
nur solche Gewässerbezeichnungen, die aus einer beschränkten Zahl von indogermanischen
Wurzeln und Suffixen gedeutet werden können. Die verschiedenen
Bildungsmöglichkeiten begegnen als F1NN. in fast ganz Europa. Die Benennung
von Flüssen mit alteurop. Namen in einem so großen Raum kann von keiner der
historisch bekannten Einzelsprachen ausgegangen sein. Sie dürfte in die Zeit zurückreichen
, in der wir spätere Einzelsprachen wie Germanisch, Keltisch, Illyrisch
usw. noch nicht unterscheiden können. D. h. alteurop. FlNN. sind voreinzel-
sprachlich 25).

Zu den wurzelhaften Elementen der alten Hydronymie gehört * 5er- mit der
Bedeutung „fließen, strömen" 26). Hiervon sind die FlNN, Ser-a — heute Serre,
Seran oder Cere mehrfach in Frankreich —, Ser-m-as in Litauen, * Ser-m-a als
Strjama in Bulgarin, Ser-m-ios in Thrakien, * Ser-m-ana als Sermane in Südfrankreich
und * Ser-m-entia als Sermenza in der Lombardei abgeleitet. Dieser Reihe
läßt sich * Ser-ant-ia im Verhältnis zu Ser-a besonders gut anschließen. Das /nt/-
Suffix zählt zu den bezeichnendsten Ableitungselementen der alteurop. Hydronymie
. Die Vokalisierung /antia/ deutet in unserer Gegend darauf hin, daß der FlN.

* Serantia als voreinzelsprachliche Bildung durch gallisch sprechende Stämme tradiert
wurde, bevor er ins Deutsche übernommen wurde.

So erweist auch die Etymologie den Namen Sirnitz als uralten FlN., der im
Laufe der Jahrhunderte durch den neuen Namen Klemmbach bis auf die Flurnamen
im hintersten Tal verdrängt wurde.

4.

Keinen Deutungsschwierigkeiten unterliegt der Name Kander. Die frühen Erwähnungen
der wie der Fluß genannten Siedlung Kandern, z. B. in villa Cantara
(im Codex Laureshamensis zum Jahr 790), erlauben einen vorgerm. Ansatz * Kan-
dara. Die Endung dieses FlN. erinnert etwa an * Aquara, jetzt Acher in Mittelbaden
, oder an * Iskara (1751 Ischer), jetzt Ischert, ein Rheinzufluß im Unterelsaß
. * Kand-ara wird als keltisch erwiesen durch gall. * kandaros, was einige
romanische Appellative voraussetzen. Es liegt eine Erweiterung des keltischen
Adjektivs * kando- „weiß, glänzend" vor. Die Benennung von Gewässern mit
Farbbegriffen wird schon in der ältesten Flußnamenschicht beobachtet. Erinnert sei
auch an Schwarz-ach^).

5.

In alteuropäische Zusammenhänge gehört der Name der Wiese. Th. Geiger
schließt aus Belegen wie 1234 Wisen, 1275 Wisental auf eine Grundform

* Wisina28), die das Wurzelelement * wis- „fließen, zerfliesen" und ein n-Suffix
enthält. Als Beweis für die hohe Altertümlichkeit der alteurop. Hydronymie wird
das Nebeneinander von n-, r- und nt-Suffix bei ein und derselben etymologischen
Basis gewertet. In unserem Fall tritt neben * W/s-ma/Wiese der FlN.-Typus

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