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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
35.1973, Heft 1/2.1973
Seite: 51
(PDF, 22 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-01-02/0053
Was alte Streitakten über frühe Wald- und
Weidegenossen berichten

Von Fritz Schülin

Von der Anregung des vor Jahresfrist verstorbenen Historikers M. Wellmer
ermuntert, nach „alten Gemeinschaften" in unserem heimischen Raum zu suchen 1),
möchte die folgende Darstellung mit Hinweisen auf erstbekannte Rechtsinstrumente
und Streitakten weiteren Nachforschungen richtungweisend helfen.

Sicher bestanden die verschiedenen, erstmals in Streitschriften und Verträgen
offenbarten Gemeinschaften im Wald und auf der Weide schon „unvordenkliche
Zeiten" vor den Gerichtsakten des 14./15. Jhdts., und zwar meist noch im friedlichen
Gewähren und Dulden neben- und miteinander, beim gleichzeitigen „Trieb
und Trab" der Viehherden in die gemeinsamen Allmenden, auf die Matten und
Brachfelder, bei der „Nachtweide" im Wald, im trächtigen Eichel- und Bucheckernjahr
in den benachbarten Hochwäldern zur Schweinemast, oder wenn ein Hausvater
das nötige Bauholz zu einem Neubau, zur Ausbesserung von Haus, Stall
und Scheune oder einen stattlichen Eichenstamm für eine Trotte aussuchte und
schlug. Diese von Anbeginn an auf friedliche Nachbarschaft gegründete, gegenseitige
Duldung in gleichen Nutzungsräumen erlitt sodann mit der wachsenden
Bevölkerung und ihrem gesteigerten Bedarf an Wald- und Weideflächen ihre
ersten Anfechtungen. Damit wurde das Verlangen nach Abgrenzung und Trennung
seit dem 14. Jhdt. stärker und dringlicher. Überlieferte Gemeinsamkeiten, Zufahrt
in den benachbarten fremden Bann und seine Wald- und Weideplätze, zu bestimmten
Terminen und gewissen Orten, wurden bestritten, die Einungen, Bußen, für
gegenseitige Frevel verschärft, Schieds- und Amtsleute, Gerichte von Ort zu Ort
bis zu den Hof- und Reichsgerichten berufen und bemüht, um überlieferte, aber
nun bestrittene Rechte am Ort, bei versetzten Marksteinen und verschwundenen
Lochen, Grenzbäumen, beim gemeinsamen Umgang der Vögte, Marcher und Gerichtsleute
, das alte Recht zu erkennen, zu beurkunden und Frieden zu stiften.
Doch beim Vertragen ist es meist nicht lange geblieben. Was die Vögte geregelt
hatten, bestimmten Grenzen und Zeiten, übersahen Hirt und Herde nur allzugern
und gaben dem Nachbarn Anlaß zu neuem Streit, der nicht selten gleich am verletzten
Ort zu handgreiflichem Losschlagen ausartete.

Seit dem 16. Jhdt. häuften sich die Ausfälle durch Selbstjustiz. Mißtrauen und
die allgemeine Unzufriedenheit der Bauernsame, den angemaßten Hoheitsrechten
in ihren bisher unbestritten genutzten Waldallmenden gegenüber, die Rechtsunsicherheit
bei den Niedergerichten unter dem Vorsitz der kleinen Gernegroßen,
der adligen Dorfherren, lösten zuweilen schnell die „Faust im Sack" und forderten
mit Selbsthilfe ein verletztes, überliefertes oder vermeintes, angemaßtes Recht.

So haben schon im Jahre 1401 die Weidgenossen von Kirchen selbstherrlich
einen Bannstein an der Fischinger Grenze versetzt und dazu die abwehrenden
Bammerte gefangengesetzt2). Den Genossen von Eimeidingen pfändeten 1569
die Nachbarn von Kirchen auf der umstrittenen Nachtweide Rosse und Rinder,
die sie im jungen Urhau an den ersten Sprossen frevelnd angetroffen hatten. 1532
schlugen die Kleinkemser auf der benachbarten Isteiner Rheinallmende Stangen
und Rebstecken. Zwischen Haltingen-Hiltelingen einerseits, und Groß-Hüningen
enet dem Rhein andererseits, artete der Streit der beiden Weidgenossen auf den
Rheininseln seit 1586 zu einem Kleinkrieg aus. Nachdem die Haltinger und Hilte-
linger eigenwillig und gegen den Protest der Hüninger im „Bändli" Eicheln geschwungen
und aufgelesen hatten, wollten sich die Genossen von drüben auch ihr
Recht holen, wurden aber vom Haltinger Bammert erwischt und der Bruder des
Hüninger Vogts um zwei Säcke Eicheln erleichtert. Darauf kamen die Beleidigten
mit Verstärkung auf ihren Waidlingen, mit dem „Trutz und Mut" von 20 Mann

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