http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1973-01-02/0068
von ihnen allen befahren, wenn auch die Haltinger seit Menschengedenken nicht
mehr erschienen sind. Deshalb verlangten sie auch ihren Teil an der neunten
Garbe — also jedes Dorf seinen gebührenden Dritteil von der Frucht und vom
Holzerwachs des auf oberamtlichen Befehl hin „umgerütteten und mit Forlen
angeblümten Bezirks" in der „Großen Egerten", im Helmenhag.
Die beiden alten Vögte Johann Soder und Andreas Müller sagten unter feierlichem
Eid aus, was auch ihre Mitbürger nach einer Umfrage wußten, daß vor
Entstehen des jetzigen Streites nicht bekannt gewesen ist, daß sich die Gemeinde
Otlingen den strittigen Bezirk Helmenhag, der teils öde liegt, teils mit Forlen
angepflanzt ist, vom Renovator als Eigentum der Gemeinde Otlingen eintragen
ließ.
1790 erhielt Enkerlin von oben die strikte Weisung, den Streit zu beenden.
Die Gemeinden wurden angewiesen, vier behauene Steine in der Hauinger Steingrube
zum Setzen abzuholen.
Die bereits bebauten Privatgüter wurden ausgeschieden und nicht beeinträchtigt.
Jeder Gemeinde wurde dasjenige Stück zugewiesen, welches unmittelbar an
ihrem Bann-Distrikt lag, um weitere Zerstückelung zu vermeiden, so daß sie
davon V» des tragenden Zehntgenusses teilhaftig wurden. Ebenso wurde der
Forlenwald in drei gleichen Teilen zugeteilt. So wurden den drei Gemeinden zugemessen
:
A, B, C: V» vom Ackerzehnt D: vom Forlenwald
Ju. Ru. Ju. Ru.
A Haltingen 73/4 4 4 4 32
B Otlingen 7Va 46 4 32
C Tüllingen 2Va 60 4 32
Später, 1833, geraten nochmals Haltingen und Tüllingen wegen dem Weidrecht
im Käferholz in einen Streit.
Tüllingen klagte gegen Haltingen. Es berief sich auf eine schriftliche Urkunde
aus dem Jahre 1622. 1772 hatte der Landvogt dieses Weidrecht zugunsten Tüllin-
gens als unabänderlich bestätigt. Seit einiger Zeit bestritt jedoch Haltingen dieses
Recht und verbot der Tüllinger Herde die Auffahrt in ihren Bann. Tüllingen
wollte nun gegen eine angemessene Entschädigung auf das Weidrecht im Haltinger
Bann verzichten. Haltingen verweigerte diese Ablösung, und Tüllingen beschritt
den Rechtsweg.
Das Weidrecht gestattete nach Aussage der Tüllinger der Gemeindeherde von
Tüllingen den Weidgang bis in die Matten in der Rütti und bis an den Rebberg,
gegen Otlingen zu bis an das Dorf und an das Gestad, gegen Tumringen bis
ans Kapitelhölzli (ob dem Chilf), an den Chilf und auf die Mechlenmatten gegen
Weil bis zum Geffelbrunnen und zum Rebberg.
1835 wurde Tüllingen mit folgendem Urteil zurückgewiesen: Die Klägerin
(Tüllingen) wird mit ihrer Forderung auf ein Weidrecht in der Gemarkung
Haltingen, welches von der „Rütti" — Steinbruch — bis in die Mättli und bis
zum Rebberg reiche, abgewiesen. Dieses vermeintliche Recht beruhe auf einer
30jährigen Ersitzung vor der Einführung des Landrechtes. Die Ausübung des
Weidrechtes, das Tüllingen im ganzen Distrikt beansprucht, sei ja auch gar nicht
mehr möglich, weil sich die Kultur des Feldes grundlegend geändert habe. Außerdem
sei von der genannten, von den Tüllingern produzierten Urkunde (1622) in
Haltingen nichts bekannt geworden. Wenn das fragliche Weidrecht in der Tat
einmal bestanden habe, dann ist es nach einer 30jährigen Nichtbenutzung erloschen
. Die urkundliche Beweiskraft des Schriftstückes wird auch von der Behörde
angezweifelt, ihr Wert sei zu überprüfen. Die Klägerin möge daher besseres
Beweismaterial vorbringen.
Es scheint aber, daß der ganze Aufwand des Prozesses dem Sachwert auch
für Tüllingen nicht mehr entsprach. Nach zweijährigem Hin und Her wurde der
Streit zugunsten von Haltingen im Jahre 1835 entschieden.
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