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Das vordere Wiesental
Es bleibt uns noch übrig, allen jenen Burgstellen und Schlössern nachzugehen,
die wir im Zusammenhang mit der Entwicklung der Markgrafschaft Sausenberg-
Röteln im Tal von Hausen bis zur Basler Grenze bisher nicht erwähnt haben.
Den natürlichen Gegebenheiten entsprechend, finden wir an beiden Uferseiten der
Wiese manche Sitze von Adelsfamilien, die einen Wasserlauf zu ihrer Sicherung
heranzogen. Vom Talfluß und den Seitenbächen ließ sich leicht eine Abzweigung
herleiten. So entstanden in der späteren Feudalzeit manche Wasserschlösser oder
Weiherhäuser, die mit den alten Höhenburgen nicht mehr viel zu tun hatten,
sondern diese meist ablösten, weil sie näher bei den Straßen und den Mitmenschen
lagen.
Bald, nachdem sich das Tal mit schönen Auen unterhalb von Hausen öffnet,
treffen wir gegenüber von Fahrnau auf das erste dieser Schlösser. Es ist Ehner-
Fahrnau, das sich in charakteristischem Alemannisch so nannte, weil es sich
„änedra", d. h. jenseits des Flusses befand. Es steht zwar auf Boden der Gemarkung
Schopfheim, wählte aber den Namen des alten Pfarrdorfes, in dessen Angesicht
es zu liegen kam. „Enre Varnow" wird es bereits 1394 genannt150). Sein
Name wurde durch die Herren von Roggenbach bekannt, die es bewohnten, vor
allem durch den badischen Staatsmann und letzten Außenminister Franz Freiherr
von Roggenbach (1825—1907), der 1865 zurücktrat, nachdem er vergeblich gegen
die Politik Bismarcks angekämpft hatte. Politiker geblieben, verbrachte er in
seinen älteren Jahren den Sommer jeweils in Schloß Ehner-Fahrnau 151).
Das kleine Schloß, das an seinem wappengeschmückten Treppenturm die Jahreszahl
1622 trägt, hat im 18. und 19. Jahrhundert manche Veränderung erfahren
und dabei auch den sichernden Wassergraben verloren. Dafür steht es in einem
schmucken Park, umringt von alten Bäumen.
An der Stadt Schopfheim vorbei, deren Geschichte und deren Burg an der Nordwestecke
der Ringmauern wir bereits im Zusammenhang mit der Entwicklung der
Markgrafschaft Röteln-Sausenberg-Hachberg besprachen, gelangen wir nach Maulburg
. Dieser Name läßt einen alten Wehrbau beim Dorfe vermuten. Wir können
einen solchen noch genauer festlegen, wenn wir am Rande des Scheinbergs, der am
rechten Ufer der Wiese ansteigt, den Wald „Oberbürglen" entdecken 152). Es muß
also unterhalb dieser örtlichkeit ein „Bürglen" bestehen oder bestanden haben.
Und tatsächlich: an der Südwestecke des Waldes tritt ein breiter Sporn gegen die
Wiese hin vor, den zu besteigen sich lohnt. Die Situation dieses auf drei Seiten
steil abfallenden Ausläufers ist für eine Befestigung derart günstig, daß sie einst
bestanden haben muß. Dies mag in sehr früher Zeit der Fall gewesen sein, als eine
Fliehburg notwendig war. Der Hang zur Wiese hinab ist zum Teil fast senkrecht
, weniger steil gegen das kleine Seitentälchen im Westen, wo aber tiefe Hohlwege
aufsteigen. Im Sattel gegen den ansteigenden Berg findet sich kaum die Spur
eines „Halsgrabens", eher schon die eines Walls, der den Scheitel des Bergsporns
absicherte. Unsere Vorfahren, Germanen, Römer oder Kelten, können die Vorteile
, die ihnen diese Situation bot, unmöglich ungenützt gelassen haben.
Im Jahre 796 taucht der Ort Maulburg erstmals auf, und zwar heißt es in
einer St. Galler Urkunde „in Murperch villa" 153). Bei einer weiteren Nennung,
1249, heißt er sodann „in Wisetal in villa Mulberc". Wenn Albert Krieger 1905
schrieb 154), der Dorfname bedeute „Mühlberg, oder wenn Murperch nicht verschrieben
ist", dann müsse darunter ein „Berg mit (Römer-) Mauern" verstanden
werden. Dies würde natürlich unsere Vermutung, bei Oberbürglen habe eine Wehranlage
bestanden, deutlich verstärken.
Die stattlichste der Wasserburgen im Markgräflerland treffen wir noch heute
im großen Dorfe Steinen an. Am Rande der alten Siedlung, dort wo der Bach
aus dem Weitenauertal in das der Wiese hereintritt und umbiegt, ließ sich am
besten Wasser zum Schutz einer Tiefburg heranziehen. Diese war schwerlich der
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