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der Halle, nach Grenzach und vielen anderen Dingen, auch recht sehr nach meinem
Klimperkasten« 20).
Im folgenden Jahr genießt Burckhardt wieder einen wunderschönen Herbst und
macht dabei »lauter einzelne Bummelgänge«, wobei er einmal »in der herrlichen
Landschaft zwischen Beuggen und Säckingen förmlich geschwelgt« hatte 21). Allerdings
bedauert er, daß nur sehr wenig Markgräfler zu erwarten sei: »Das Wetter
ist und bleibt schön und warm, und das Weinlaub ist übervoll von herrlichstem
Reichthum — aber so wenig Trauben! —
Und würd' er (der Wyhnen) dießmal noch so gut,
Er geht in einen Fingerhut.
In Wyhlen hat der Gemeinderat beschlossen dießmal das Rebhütergeld zu
sparen, weil es sich nicht lohne zu hüten wo nichts sei« "). 1881 stellt er dann fest,
daß der Herbst ein »guter Mittelherbst« sei und »die Qualität wenigstens kein
Rachenputzer« 23). Am Jahresende bedauert er aber das ganz allgemeine Schlechterwerden
des Markgräflers, nachdem er zuerst über die zahlreichen Erfindungen und
Eisenbahnen gesprochen hatte: »Als wir das Alles noch nicht hatten, war die Welt
glücklicher und zufriedener, die Ankenwecklein besser und der Markgräfler so gut
wie er nicht mehr ist« 24).
Trotz der schlechter werdenden Weinqualität setzt aber Burckhardt seine Wanderungen
im Oberland fort. So berichtet er Preen am 29. Dezember 1881 von
einem solchen Bummel: »Gestern ging ich mit zwei guten Freunden über Lörrach
hinauf und sah zum Oberamt empor mit dem jetzt kolorierten Wappen, welches
zu Ihrer Zeit nur Steinf arbe trug. Das Tal war sehr schön und es gab einen Augenblick
, da schlechterdings nur Rötteln beleuchtet und alles übrige schon violetter
Schatten war« ö).
Die Berichte über seine Bummel werden zwar jetzt immer spärlicher, doch aus
einer Briefstelle von 1882 erfahren wir, daß er sie nicht aufgegeben hat: »In neuerer
Zeit mache ich wieder meine Sonntagsbummel nach Tegerfelden, Herthen oder
nach Steinen oder nach Istein« *•). Burckhardt bevorzugt jetzt immer mehr die
Route Grenzach—Degerfelden, was er in einem Brief an Preen vom 4. November
1883 wie folgt begründet: »Das Oberland ist immer noch das Alte und ich trage
regelmäßig meine Sonntagsgroschen dorthin und bleibe, staatsökonomisch gesprochen
, ein schlechter Schweizerbürger. Beck in Haltingen hat an diesen Spätherbstsonntagen
sein ganzes Haus ,kraglig' voll. Ich meinerseits ziehe die Route
Grenzach—Degerfelden vor, weil man auch des Nachts noch sicher zu Fuß heimgelangt
, indem bis nach acht Uhr die Straße noch immer belebt ist, während Leopoldshöhe
—Basel in der Nacht für einen Einzelnen eher unheimlich wirkt« 2T).
Dies wird sich allerdings bald geändert haben, denn schon ein Jahr später berichtet
er Preen von dem geplanten Bahnhofsbau in Weil: »Lörrach freut sich jetzt
darauf, daß von der Leopoldshöhe direkt hingebaut werden und Basel abgeschnitten
werden soll! Wir hier grämen uns einstweilen wenig, weil wir wissen, daß die
badische Bahn den belebtesten Bahnhof, welchen sie hat, nämlich den hiesigen, nicht
kann in Ungnade f allen lassen, selbst wenn sie wollte« 28).
Auch Basel veränderte sich zum Bedauern Burckhardts immer mehr und erreichte
im Jahre 1888 schon die Einwohnerzahl von 70 000. Dennoch freut er sich,
daß für Preen von seiner Lörracher Zeit her »noch immer ein Goldduft über unserem
Gelände liegt« 29). Burckhardt kann jetzt allerdings immer weniger sein geliebtes
Oberland aufsuchen, da sich bei dem nun Siebzigjährigen die »Plagen des
Alters« nach und nach einstellen. »Beine und alles Muskuläre täten es schon wie
sonst«, schreibt er am 5. Juni 1889 an Preen, »aber sobald ich nicht langsam gehe
wie ein Uhrzeiger, fange ich an zu keuchen und zu schwitzen. Das Herz sei noch
nicht dabei engagiert, sagt der Doktor, aber einstweilen sei ein Lungenemphysem
vorhanden und in einiger Zeit, das weiß ich wohl, wird die Herzkrankheit kom-
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