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kassiert werden solle 23). Der Historiker gewinnt zuweilen den Eindruck, als ob
die Markgrafen und ihre Beamten am liebsten die Exterritorialität genossen hätten.
Bevor das fernere Schicksal des Markgräfler Hofes beleuchtet werden soll, sei
es erlaubt, einen Blick zu werfen auf das Wirken eines Mannes, der unter Carl
Wilhelm zum höchsten unter den im markgräflichen Hof beschäftigten Beamten
aufrückte und der durch seine 38 Jahre dauernde Anwesenheit in Basel aufs engste
mit der Rheinstadt verbunden war: Wir meinen Hof rat Carl Friedrieb Drollinger
(1688—1742). Die Beschäftigung mit dem aus einer in den Diensten des Markgrafen
stehenden Beamtenfamilie stammenden Badensers verschafft uns die Gelegenheit
, ein kurzes Wort auch zu verlieren über die zu seiner Zeit berühmten,
im Markgräfler Hof befindlichen Sammlungen des Baden-Durlachschen Fürstenhauses
, deren Konservator er war 24).
Zunächst ist die Feststellung interessant, daß Drollinger weder als Baden-Dur-
lachscher Hofrat noch als Archivar und Historiker bekannt wurde, sondern als
deutscher Dichter. J. J. Spreng, der erste Professor der deutschen Poesie und Be-
redtsamkeit an der Universität Basel, verlieh Drollinger als erster den Dichterlorbeer
, indem er ihn 1743, ein Jahr nach dem Tod, zum Gegenstand seiner akademischen
Antrittsvorlesung machte und seine gesammelten Gedichte herausgab 2S).
Isaak Iselin stellte ihn neben die größten Dichter der antiken und modernen Literatur
. Und auch in der »Neuen Deutschen Biographie« (1958) wird Drollinger als
Dichter vorgestellt 2S).
Zu seinen Basler Freunden zählte nicht nur J. J. Spreng, mit dem er zwanzig
Jahre in der Deutschen Gesellschaft saß, sondern u. a. auch der verdienstvolle
Chevalier Lukas Schaub (1690—1758), der bereits erwähnte Joh. Rud. Huber,
Maler an den Höfen zu Stuttgart und Durlach, in Basel und Bern, Professor Benedict
Stehelin, Doktor der Medizin und Leiter des Physikalischen Kabinetts im
Stachelschützenhaus und jahrelanger Auftraggeber für Emanuel Büchel, und
schließlich Aug. Joh. Buxtorf, Pfarrer zu St. Elisabethen und späterer Hauptpfarrer
zu St. Theodor, ein Freund Büchels.
Als Carl Friedrich Drollinger 1688 in Durlach zur Welt kam, war gerade der
Pfälzische Krieg, der dritte sog. Raubkrieg Ludwigs XIV. ausgebrochen 27). Für
einen protestantischen Durlacher war damals die Universität Basel der einzige
sichere Ort, um zu studieren. 1703 immatrikulierte sich Drollinger. Er absolvierte
den üblichen Studiengang zuerst an der Philosophischen Fakultät, dann wandte
er sich dem Studium der Jurisprudenz zu. 1710 schloß er es mit dem Licentiaten
beider Rechte ab. Schon ein Jahr später wurde er von Markgraf Carl Wilhelm,
seinem Landesherrn, der übrigens während des spanischen Erbfolgekrieges im Treffen
bei Friedlingen am 14. Oktober 1702 auf dem Tüllinger Berg verwundet worden
war M), zum Registrator am geheimen Archiv im markgräflichen Palast berufen
. Seine erste Aufgabe bestand darin, die Archivalien des badischen Fürstenhauses
, die wegen des Krieges nach Basel gebracht worden waren, zu ordnen 29).
Schon 1713 wurde Drollinger Sekretär. Aufbau einer Handbibliothek, Erstellen
eines Katalogs der 3000 Stücke umfassenden Münzsammlung und das Anlegen
eines Inventars der bereits 1688 nach Basel geflüchteten und schon damals rund
470 Nummern zählenden Gemäldesammlung 30) waren seine nächsten Aufgaben.
Als Anerkennung seiner Leistungen wurde er 1722 zum Baden-Durlachschen Hofrat
ernannt, was Sitz und Stimme in der Regierung bedeutete, und 1726 wurde
ihm der Titel eines geheimen Archivars verliehen 31).
Nach dem Tod des Markgrafen Carl Wilhelm (1738) trat ein Stillstand im
Anwachsen der Sammlungen ein. Die Beruhigung der außenpolitischen Lage für
Baden und der Aufschwung von Karlsruhe unter dem Markgrafen Carl Friedrich
(1738—1811) bewirkten den allmählichen Rückzug der wertvollen Kunstgegenstände
. Mitte der fünfziger Jahre wurde eine erste Partie der fürstlichen Ahnenbilder
nach Karlsruhe transportiert. In den sechziger Jahren folgten Teile der
Bibliothek, der Kunstkammer und des Silbers.
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