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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-01-02/0047
1.2.4 Vergleiche und Deutungen

Anders als bei den Trögen ist bei den Stöcken eine stärker formenkundlich, architektonisch
ausgerichtete Typologie möglich, weil Typen des tektonischen Aufbaus
zu erkennen sind und schon bei den ältesten Stöcken aus Sandstein dieser
künstlerische Gestaltungswille zum Ausdruck kommt. Durch datierte Stöcke wird
die Typologie weiter gestützt.

Eine analysierende entwicklungsgeschichtliche Typologie ist nur in Ansätzen
und für einen bescheidenen Zeitraum möglich. Einmal ist das vom Inventar erfaßte
Gebiet für weiterreichende Schlußfolgerungen viel zu klein, andererseits hat
die geographische Analyse (unten Abschnitt 3) bereits für dieses kleine Gebiet
eine unerwartete räumliche Differenzierung erwiesen. Dazu kommt, daß die Masse
der steinernen Dorfbrunnen erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erscheint
, anders als bei den städtischen Brunnen, aber entsprechend der in dieser
Zeit auf dem Dorf stark angewachsenen allgemeinen Bautätigkeit (vgl. Wittmann
1971, S. 42, Abb. 16).

Als Einzelstück ohne Vergleichsbeispiel im Aufnahmegebiet ist die Rundsäule
von Schliengen (1659) zu nennen (Abb. 4). Die geschoßförmige Untergliederung,
die kandelaberartig geschwellte Säule, die kräftig modellierten Speimasken, die
Trommel mit der Inschrift verweisen den Brunnen noch in die Verwandtschaft
Basler Renaissancebrunnen. Besonders nahe liegt der Vergleich mit den von
Membrez (1942, 1946) geschilderten Renaissancebrunnen von Delemont, Porren-
truy und Saint-Ursanne. Sein Vorkommen in Schliengen auf bischöflich-basleri-
schem Territorium ist daher verständlich. Zum Unterschied von „Basel" fehlt aber
figürlicher Schmuck, Blattkapitell und figurale Bekrönung. Beziehungen zu Breis-
gauer Brunnen wären noch zu überprüfen.7a)

Hochbarocke Rundsäulen aus Buntsandstein sind nur mit wenigen Beispielen
belegt (Abb. 5, 6). Die leicht geschwellten Säulen erheben sich auf quadratischem
Sockel, als Abschluß dient die Kugel.

Spätbarocke quadratische Stöcke aus Buntsandstein (Abb. 7, 8, 9) sind charakterisiert
durch Schwellung und Verjüngung der Quader, starke Ausladung und
kräftige Profilierung von Fußplatten und Gesimsen, durch Querleisten und
Kehlen, grob gesetzte Flächenscharrierung und monolithische Obelisken mit der
Kugel als Abschluß. Bei diesen Stöcken ist eine horizontale Stockwerksgliederung in
Sockel — Zwischenglied — Obelisk konsequent durchgeführt (ähnlich bei den
Rundsäulen: Sockel — Rundsäule — Kapitell). „Die Proportionen dieser drei
Elemente und ihre gegenseitigen Verhältnisse bestimmen die architektonische
Qualität des Stocks" (Fassl 1966, S. 110). Bezeichnend sind primitive Speimasken,
meist als bärtige Gesichter. Individuelles Dekor ist selten. Mit Reblaub in Rocaillen
(Tüllingen, Blansingen, Hertingen; vgl. S. 27) stellten sich bereits spielerische
Rokokoformen ein.

Nicht aufrecht erhalten läßt sich Pfisters Gegenüberstellung (1939, S. 209, 217)
barocker Obelisk — klassizistische Säule, allein schon deswegen nicht, weil Rundsäulen
von allem Anfang an da sind und Obelisken durch den Klassizismus
weiterlaufen.

Spätbarocke Stöcke aus Jurakalkstein sind überhaupt nicht vorhanden, weil
dieser Werkstein bei uns erst im 19. Jahrhundert erscheint (Schopfheim 1806,
Lörrach und Müllheim 1827).

Als frühklassizistische Säulen kann man schon die Rundsäulen aus Britzinger
Sandstein ansprechen, deren Schaft noch die leichte Schwellung zeigt, die man dann
bei den rein klassizistischen Rundsäulen vermißt (u. a. Britzingen 1768, Hertingen
1790 und 1792).

Diese gerade aufsteigenden, bisweilen auch massigen klassizistischen Rundsäulen
aus Jurakalk (Lörrach und Müllheim 1827, Weil 1847) oder Buntsandstein (Dat-

7a) Balustersäulen mit Urnen kommen auch in Neuchätel vor (1634).

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