http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-01-02/0057
Eine rein städtische Lösung ist natürlich der Markt-Br. in Lörrach mit seinem
Vierpaßgrundriß. Insgesamt sind die Lörracher, Müllheimer, Sulzburger Tröge
durch das dem Sims aufgesetzte Plättchen charakterisiert (Typen C) und durch die
Aufgliederung des Sockels durch Schrägen, Kehlen, Wülste. Seltener sind die Seitenwände
geschweift (Typen D). Kaum 20 °/o aller Tröge zeigen Profile C und D,
wobei noch daran zu denken ist, daß der Anteil der städtischen Brunnen ohnehin
größer ist. Von diesen Trögen mit Profilen C und D sind 14 an öffentlichen
Brunnen, 13 an privaten, auf dem Dorf stehen solche Tröge nur in Auggen. Badenweiler
, Holzen, Lipburg und Tüllingen, die meisten sind privat.
Als solche Ausnahme von der Regel sei nochmals Holzen genannt, wo in der
Brunnengasse ein monolithischer, 8-seitiger Trog steht, dem zudem das Plättchen
am Sims aufgesetzt ist und der dazu noch eine geschweifte Wand hat (D). Nur
Ortsakten können aufklären, wie dieser städtisch anmutende Brunnen in das bescheidene
Holzen kam. Vgl. auch Abb. 2a.
Im Material der Jurakalktröge zeigt sich insofern eine geographische Differenzierung
, als die Tröge aus Laufenerkalk sich auffällig an den Bereich Inzlingen-
Hochrhein und ans Kandertal halten, wenn auch nicht ausschließlich.
In bezug auf die Jurakalktröge ergibt sich zusammenfassend, daß wir nicht nur
eine vom Material her bestimmte Differenzierung nach Größe, Form und Flächenbehandlung
haben, sondern auch sozioökonomische Typen fassen können, eine
Differenzierung nach Stadt und Land. Sie kommt in der Architektur und Dekoration
der Tröge zum Ausdruck. Zu deutlich ist der Unterschied zwischen ländlichen
Gebrauchsformen und städtischen Schmuckformen.
Deutlich zeigt das auch das Beispiel Riehen, wo man beides nebeneinander hat.
Bei den Dorfbrunnen zeigt sich wie in Stetten die Wannenform und das Randprofil
Bl, seltener B2, dazu Wandneigungen zwischen 78 und 83c. Daneben stehen
Tröge mit lotrechter Wand (90 = ), starker Skulptur, meist auch aufgesetztem Plättchen
(Typus E, vgl. Abb. 3), aber dieser Typus ist auf die Brunnen der Landgüter
beschränkt.
Anders als bei den Trögen ist es mit der geographischen Verbreitung der Jurakalkstöcke
. Ihre Verbreitung endet nach Norden an einer Linie Efringen — Fischingen
— Wollbach. Nördlich davon sind nur kleine Ausliegerareale anzutreffen:
Kandern, Müllheim und Umkreis, Sulzburg. Es liegt einwandfrei eine Ausbreitungsgrenze
vor, da diese Stöcke ja vom Material her alle aus dem Schweizer Jura
als Zentrum kommen. Nördlich dieser Grenze und abgesehen von den genannten
Ausliegerarealen sind Jurakalkquader allenfalls zum Ersatz schadhaft gewordener
Sockel beim Aufstellen neuer Jurakalktröge verwendet worden (Hertingen,
Kandern, Tannenkirch). Diese Tatbestände verlangen im einzelnen eine Erklärung.
Die Lage dieser Nordgrenze ist leicht zu verstehen, wenn man beachtet, daß sie
zusammenfällt mit der Südgrenze der Verbreitung der Kalksandsteinstöcke (nur
das auf der Grenze liegende Efringen hat beides, die Stöcke von Binzen und Haltingen
müssen im Zusammenhang mit ihren Trögen gesehen werden, vgl. unten).
Hier nördlich unserer Grenzlinie treten also ganz einfach die heimischen Kalksandsteine
in erfolgreiche Konkurrenz zum Jurakalk. Die eigenen Steingruben boten
gleichwertige Stücke, wenigstens für den ländlichen Anspruch, wenn auch konkurrenzfähige
Tröge nicht geboten werden konnten. Daher rührt die Diskrepanz
zwischen der Verbreitung der Tröge und der Stöcke aus Jurakalk.
Die Ausliegerareale der Jurakalkstöcke erweisen sich als besonders interessant.
Offenbar wurden sie als Statussymbol üblich, einmal für die um diese Zeit neu zu
Städten erhobenen Kommunen (Kandern, Müllheim), zum andern für die wohlhabend
gewordenen Familien, die Blankenborn in Müllheim, die Joner in Badenweiler
, die Steinhäusler in Sulzburg. Die Areale sind also als sozioökonomische
Sonderareale zu deuten. Daß davon auch Einfluß auf nahe liegende Gemeinden
ausging (Vögisheim, Lipburg), ist verständlich.
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