http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-01-02/0064
sind irgendwie ein unverzichtbares Stück unserer Kulturlandschaft. Wie man solche
Tröge mit geringen Mitteln wieder zu Schmuckstücken machen kann, zeigt ein
Beispiel in Riehen (Basler Straße 24 Hinterhaus). Reinigung unter Erhaltung der
grob gesetzten Scharrierung und Schwarzauslegen der monumentalen JZ (1770)
genügte. Natürlich muß dieser Schutz auch auf die guten klassizistischen Werke
ausgedehnt werden, ja es erscheint schon nicht mehr unbillig, ihn sogar für die
bezeichnenden Stücke des historisierenden Stils zu fordern.
Der Schutz könnte zunächst ein rechtlicher Schutz sein, wie in schweizerischen
Kantonen (so im Baselland, vgl. Heyer 1973), wo Dorfbrunnen ins Inventar der
geschützten Baudenkmäler aufgenommen werden, oder wie in Frankreich, wo man
sie als monument national ansieht.
Wichtiger aber als die rechtliche Sicherung ist eine vorsorgliche Denkmalspflege.
Hier ist zunächst an die Ausbesserung der Altersschäden zu denken. Die Brunnen
müssen sauber und dicht gehalten werden. Sie sind vor dauernder Veralgung zu
schützen. Gerade das ist heute nicht mehr einfach, weil unsere Werksteinbrüche
still liegen und verfallen. Kalksandsteinbrüche gibt es nicht mehr. Beim Buntsandstein
muß man auf die Gegend von Lahr und Freudenstadt zurückgreifen. Die um
Solothurn im Jurakalk noch betriebenen Gruben sind durch die dortigen Konservierungsarbeiten
ausgelastet. Nur um Laufen stehen Jurakalkbrüche noch in
Betrieb. Im Einzelfall ist der Ersatz durch einen werkgerechten Kunststein immer
noch besser als endgültiger Verzicht, besonders bei den Abschlüssen, Kugel und
Urne. Um diese pflegerische Hilfe leisten zu können, müssen gefährdete Teile
rechtzeitig vom Steinmetz aufgemessen werden.
Wo die Korrosion der Tröge schon sehr weit vorgeschritten ist, kann der Steinmetz
das Stück neu aufarbeiten (Viehmarkt-Br. in Schopfheim unter Beibehaltung
des Randprofils). Dabei bleibt die Originalität des Materials erhalten, aber eben
nicht ohne einen gewissen Substanzverlust. Wo noch irgend möglich, sollte man sich
auf Reinigung und Dichtung des Troges beschränken.
Leider hilft auch der Unverstand der Zeitgenossen bei der Verunstaltung kräftig
mit. Gewiß sind die Tröge aus kieseligem Buntsandstein fast unverwüstlich,
aber warum mußten sie dann über den Trogrändern mit einem Zementglattstrich
überzogen werden? Nur um die Schleifscharten zu verdecken, die doch nichts
weiter als Runen des Gebrauchs sind? Das Verfahren ist weder materialgerecht,
noch nützt es. Bereits blättert der Putz wieder aus und gibt dadurch dem Trog
ein krankhaft schorfiges Aussehen. Da ist dann doch die in Mappach geübte
Technik vorzuziehen, den schadhaften Sims mit einer Sandsteinplatte abzudecken,
wiewohl das wieder auf Kosten der Monumentalität geht.
Mußten auch so viele Stöcke und Tröge mit zum Teil unmöglicher Farbe überpinselt
werden? Mag es bei stärker absandenden Sandsteinen eine Weile helfen, auf
die Dauer hilft es nichts. Sobald an einer Stelle die Farbe abgeht, frißt die Korrosion
weiter. Grausam sieht himmelblau oder grasgrün übermaltes Dekor aus.
Ganze Tröge zu verputzen ist bei den steinernen Trögen eine Barbarei.
Wehren müssen wir vor allem dem schon längst begonnenen Brunnensterben.
Seine Anfänge gehen bis in die Zeit der Einführung zentraler Wasserversorgung
zurück, und sicher sind schon viele schöne Brunnen verschwunden, oft mit schäbiger
Begründung. So erzählte mir eine alte Müllheimerin: „Dr Marktbrunne isch dr
scheenschte Brunne gsi, den hei si eweggnoh, 's het gheiße, er sig de Kundgäbige im
Weg gsi". Und F. Fischer schreibt mir: „Was heute Müllheim noch an Brunnen
besitzt, ist nur ein kleiner Teil von dem, was bis Ende des vergangenen Jahrhunderts
und im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in unserer Stadt an Brunnen
anzutreffen war. Die Anlage der städtischen Wasserleitung 1893, aber auch Unverstand
und eine Sucht, modern sein zu wollen, ließen manchen Brunnen vergammeln
und schließlich verschwinden." Heute scheint sich die Entwicklung wieder
zum besseren zu wenden.
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