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Väter waren, in Dorf und Stadt verschwinden lassen. Furchtbar wurde aus Verständnis-
losigkeit und Mangel an Interesse mit den alten Gesellen aufgeräumt, ohne Pietät" (S. 8).
„Wo der Verkehr gestört war, wurden Brunnen einfach beseitigt, statt ausgebessert." Der
noch vorhandene Brunnenreichtum erfülle „mit banger Sorge, da der wertvolle Besitz
Jahr für Jahr mehr und mehr unwiderbringlich dahin schwindet, wenn nicht eine liebevolle
und sachkundige Brunnenpflege einsetzt" (S. 41).
„Scheiden unsere alten Brunnen auch als Gebrauchsanlagen aus dem öffentlichen
und privaten Leben aus, so sollte doch noch ihre Schönheitswirkung, auf welche unsere
Väter so viel Wert gelegt haben, im Heimatort weiter erhalten und gepflegt werden,
sowohl bei Platzbrunnen wie auch bei Gassen- und Hofbrunnen" (S. 42). Aus dem
Sundgau schreibt Zaesinger (1972, S. 145): „Die Röhren der Stockbrunnen spenden in
vielen Ortschaften kein Wasser mehr. Hie und da sieht man sowohl den Stock als auch das
leere Wasserbecken mit Blumen geziert".
Auch Braun (1973) beklagt (S. 95) das Verschwinden vieler Brunnen im Sundgau und
fordert (S. 98) dazu auf, sie zu bewahren und zu unterhalten, Brunnen, „sans lesquelles
notre Sundgau perdrait un de ses attraits les plus charmants."
Audi bei uns kommt diese Anhänglichkeit zum Vorschein, wenn die alten
Brunnentröge als Blumenkästen genutzt werden. Im Berichtsgebiet wurden 8 solcher
Kästen in Buntsandsteintrögen, 2 in einem Kalksandsteintrog und 10 in
Jurakalktrögen beobachtet. Dadurch bleiben uns die Tröge wenigstens erhalten.7c)
Mitunter verhelfen auch Größe und Gewicht alten Trögen zum Uberleben.
Aber auch das hilft nicht immer. Die Suche nach einem alten Sandsteintrog von
1777 in Holzen ergab nur, den „hei sie zämmegschlage". Vier mal lag der Brunnenstock
beschädigt oder zerschlagen neben dem Trog am Wegrand. Einmal erwies
sich ein prächtiger, wohl erhaltener Trog aus Laufenerkalk als Mülltonne für den
Gemeindestall. Dagegen hat man in Mauchen auf dem Anwesen der „Krone"
einen alten Brunnenstock als Pfosten gerettet.
Manche Brunnen sind versiegt, könnten aber mit geringen Mitteln wieder zum
Laufen gebracht werden und wären dann eine neue Zierde fürs Dorf. Um nur
ein paar zu nennen: Br. am Dorfbach in Degerfelden, Br. in Feuerbach, Fischingen,
Hammerstein, Holzen, Niederweiler, Sulzburg.
Am meisten gefährdet sind die Brunnenstöcke. Niemand wird ein Lapidarium
von Stöcken anlegen wollen, es wäre auch in seiner Vereinsamung erdrückend. Und
doch muß die museale Sicherung barocker und guter klassizistischer Stöcke in
irgendeiner Form erfolgen. Ja man wird bereits bestimmte Stücke der historisierenden
Zeit nicht davon ausschließen wollen. In Basel werden brüchige alte Stöcke
im historischen Museum verwahrt und an den Brunnen durch maßstabgetreue
Nachbildungen ersetzt. Verhindern müssen wir, daß es uns mit den Brunnenstöcken
genau so ergeht wie mit den runden Sandsteineinfassungen der alten Sode,
die längst von geschäftstüchtigen Gartenbaubetrieben und Antiquitätenhändlern
eingesammelt und weiter verhöckert worden sind.
Noch lebt im Landvolk durchaus Verständnis für diese Baudenkmale. Zu meiner
Freude traf ich in den Dörfern immer wieder Anwohner, die „ihren" Brunnen
liebevoll betreuen, ihn sauber halten und mit Blumen schmücken, wie auch
die zu Blumenkästen veränderten alten Tröge von dieser Anhänglichkeit künden.
Alle Gemeindeverwaltungen, welche den öffentlichen Brunnen ihre Sorge zuwenden
, verdienen aufrichtig Lob. Denkmalpflege sollte helfen, wo sie kann. Mögen
Bürger und Gemeinden auch in Zukunft nicht darin erlahmen! Wenn da und dort
auch auf dem Dorf schöne, neue Brunnen erstehen, heißt uns das auch auf unserem
Felde hoffen.
7c) Die Lörracher Partnerstadt Sens verweist in einem Aufruf zum Wettbewerb „Maisons fleuries" geradezu
auf diese Möglichkeit: „La pierre des vieux eviers, des auges et des abreuvoirs tadles dans la masse, que
zous aurez peut-etre la chance de trouver en province, a un tres bei aspect et convient au charme des
maisons campargnades" (Bulletin municipal 1973).
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