http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-01-02/0093
Am ] udika-Sonntagmorgen
bekränzen in Binzen die Konfirmandin
ihre benachbarten
Dorfbrunnen. (Aufn. F. Scbülin)
lief. Die Umstehenden ließen sich gerne von dem Wasser bespritzen und glaubten
dadurch, gegen böse Kräfte geschützt zu sein, demnach an einen Reinigungs- und
Fruchtbarkeitszauber. In Weisweil war dieser Brauch noch bis in die heutige Zeit
üblich. — Brunnen wurden gewöhnlich in der Nähe einer Quelle erstellt, die auch
bei Trockenheit nicht versiegte. In der Brunnenstube wurde die Quelle gefaßt
und früher durch Holzdeichel, Röhren aus Eichen- oder Föhrenholz, zum Brunnen
geleitet, später durch Tonröhren. Da und dort gab und gibt es noch Quellen und
Brunnen im Feld und in den Reben mit besonderen Namen, wie Geißbrunnen
oder Zollbrunnen (beim Dorf) und vielen anderen. An den Feldbrunnen stillten
Menschen und Tiere ihren Durst, und ihr Wasser wurde bei Trockenheit auch
zum Begießen von empfindlichen Feldfrüchten genutzt. Nicht zu vergessen die
Wallfahrts- und Heiligenbrunnen. Und um manche Quellen und Brunnen ranken
sich Sagen, die gerade um diese eine große Rolle spielen und das Geheimnisvolle
darum widerspiegeln und auch in unserem Raum einst von Mund zu Mund gegangen
sind.
Darum hat wohl auch fast jeden alemannischen Dichter das heimliche Rauschen
eines Brunnens, seine Sage oder Geschichte, oder nur sein Dasein zu einem Gedicht
angeregt.
Um den Brunnen im Bauernhof, besonders um den Dorfbrunnen, die alle
eine eigene Quelle hatten, spielte sich früher das Leben in einem Dorfe ab. Am
Brunnen trafen sich Frauen, Mägde und Männer, die Wasser holten, wuschen
und tränkten und anderes verrichteten. Dabei tauschten sie Neuigkeiten aus. Am
Abend trafen sich die jungen und ganz jungen Burschen, „Latscharibuebe" ge-
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