http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-01-02/0114
Noch eine weitere Wüstung läßt sich auf der Gemarkung Riedlingen nachweisen
. 1371 heißt es „item in Guttikon tria iugere nemorum seu silvarum
agrorum".33) Ein Hinweis auf die Lage dieses einstigen guttinghova wird an
anderer Stelle gegeben: „in gutikon an die reckholder".34) Die Gemarkungskarte
von Riedlingen verzeichnet zweimal den Flurnamen Reckholder; beide Stellen
liegen in räumlichem Zusammenhang oberhalb des linken Ufers des Feuerbachs
zwischen der Riedlinger Mühle und dem Bad, heute z. T. Wald. Die Nutzung
als „Waldäcker" *) läßt schon für die damalige Zeit an eine Ortswüstung denken.
Mit dem Hinweis „Acker im Gütickhen" verliert sich jede Spur dieser ehemaligen
Siedlung.36) Die Lage von zwei weiteren in den Quellen genannten Siedlungsplätzen
konnte nicht ermittelt werden. 1368 hören wir von der „Wilematten vnd
dem hus das darvf stat". Äcker und Matten werden hier noch mehrfach genannt.3')
Auch „ze hofestetten" 3-), das nicht durch Gebäude ausgewiesen ist, konnte nicht
lokalisiert werden. Doch kann hier ein Hof gestanden haben, wenn man einer
zeitgenössischen Erklärung folgt: „domicilia quae vulgariter Hofstetc dicuntur." 39)
Noch weitere Siedlungsspuren lassen sich hier verfolgen: wir hören von „einem
hus lit an dem Letten" und „von zwein iucharten agkers ligent hinder an dem
hus".40) Der Letten ist ein Gewann südlich von Riedlingen. Dieses Haus lag
danach außerhalb des Dorfetters.41) Ähnlich verhält es sich mit zwei weiteren
Höfen „ob dem wege nebent der bach".42) Beim zweiten stößt ein Juch acker an
das Haus, ein Garten liegt unterhalb des Weges und drei Juchart Acker „ligent
vnder dem Reyne hinder den hoffen". Der Hinweis „vnder dem Reyne" führt
uns auf den heute kaum noch erkennbaren, jedoch auf der Karte von etwa 1760 4:')
verzeichneten Weg, der, von der Straße nach Liel abzweigend, auf der rechten
Bachseite in Richtung Feuerbach führt, denn auf der linken Bachseite heißt die
steile Böschung „Am Rain".44)
Ergänzend sei noch vermerkt, daß auf der Nachbargemarkung Feuerbach eine
Wüstung Deßlingen zwischen dem Feuerbach und der Riedlinger Straße anzunehmen
ist. 45)
Der Flurname „an dem ussren snellinger" 46) läßt an einen -ingen-Ort denken.
Wenn es sich jedoch um eine ehemalige Siedlung handelte, wäre die Präposition
„ze" zu erwarten. Hier liegt eine alte Geländebezeichnung vor: Schnallen f.
Schnall, Vorsprung an einem Bergabhang.47) Die Geländeform auf Gemarkung
Riedlingen läßt diese Deutung zu, wie auch die genannte Schmiede mit dem in
dieser Gegend betriebenen Erzbergbau in Einklang steht.4S) Heute heißt das
Gewann Schnellenberg.49)
Eine beachtliche Zahl von Kleinsiedlungen und Gehöften bedeckte die Fläche
der heutigen Gemarkung Riedlingen. Nicht weniger als neun Siedlungsplätze, vier
-inghofen-Orte, ein Wil, ein Hofstetten und drei weitere Einzelhöfe haben sich
aus den überlieferten Quellen herauslösen lassen. Riedlingens Lage am Rande des
Altsiedellandes, wie auch die fast quadratische Form seiner heutigen Gemarkung,
ließen eine solche Vielfalt an früheren Siedlungsplätzen nicht ahnen, wenn wir
auch solche Verhältnisse für die ältesten Siedlungen längst kennen. Bader spricht
von „dem sich auftuenden Abgrund von Untergang und Veränderung der Lebensund
Siedlungsvoraussetzungen".50) Für Riedlingen war diese Veränderung im
14. Jahrhundert noch im vollen Gange. Von den neun Siedlungsplätzen scheiden
nur zwei als damals bereits unbewohnt aus, die übrigen dürfte der Wandel erst
im 15. und 16. Jahrhundert erfaßt haben, denn in den späteren Nachrichten werden
sie nicht mehr als Wohnplätze genannt.
In dem ungewöhnlichen Verhältnis von Einwohnerzahl und Gemarkungsgröße
(600 ha, 410 E.) scheinen sich die alten Besiedlungsverhältnisse noch anzudeuten. 51)
In jüngster Zeit wurden auf dem Boden des ehemaligen Tüchlingen und Dütt-
lingen Aussiedlerhöfe errichtet.5ä) Sichere Spuren der früheren Besiedlung konnten
jedoch bisher im Gelände nicht beobachtet werden.
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