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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
37.1975, Heft 3/4.1975
Seite: 283
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1975-03-04/0141
halten). 1907: Renovierung der Kirche geplant, nicht ausgeführt. 1913 wurde
die Staatsbaupflicht für die Maulburger Kirche durch einmalige Zahlung von
125 000 Mark seitens des Staats abgelöst, die Kirchgemeinde ist seither vollumfänglich
selbst baupflichtig und plante damals sogleich einen völligen Neubau,
der jedoch wegen des Kriegsausbruchs 1914 nicht verwirklicht werden konnte.
1921: Ersetzung der beiden im 1. Weltkrieg abgelieferten Glocken. 1925: Reparaturen
an der Kirche. 1934: neue Heizung. 1942: kriegsbedingte Einschmelzung
von einer Glocke, diese 1952 ersetzt.

1973/74 wurde die evangelische Kirche in Maulburg vollumfänglich innen
und außen renoviert, gleichzeitig erfolgten archaeologische Grabungen durch das
Landesdenkmalamt, Außenstelle Freiburg. Ohne dem Grabungsbericht vorzugreifen
, sei folgendes erwähnt: In der Nordwestecke des heutigen Langhauses fand
sich eine halbkreisförmige Apsis. Diese gehörte einem Kirchenbau an, welche ins
12. Jahrhundert datiert werden kann. Größer als diese Apsis ist eine jüngere,
rechteckige Choranlage (vielleicht dem verbreiteten Typus der Chorturmanlage
folgend), welche kaum früher als im 14. Jahrhundert entstanden sein dürfte.

Zum Merkwürdigsten an der Maulburger Kirche gehört die auffällige Diskrepanz
zwischen Quellenlage und Baubefund betreffend den Turm. Während die
Quellen unmißverständlich berichten, die ältere Kirche habe keinen steinernen
Turm, sondern nur einen in Fachwerk errichteten Turmaufbau über dem Chor
gehabt und angesichts der Baufälligkeit dieser Holzkonstruktion sei ein steinerner
Turm dringend wünschenswert n), zeigt der Baubefund, mindestens für die drei
Untergeschosse des Turmes, eindeutig spätgotische Bauformen. — Schwierig ist
auch die Frage nach der Entstehungszeit des älteren (mindestens zu einem großen
Teil) in Tannenholz-Fachwerk errichteten Kirchenbaus, von dessen Baufälligkeit
die Quellen so anschaulich berichten. Dieser dürfte kaum vor das 17. Jahrhundert
zurückgehen.

Die Renovierung des Innenraums der Maulburger Kirche förderte ein gänzlich
unerwartetes Ergebnis zu Tage. Wer hätte unter dem einheitlich grauen Anstrich
von Empore und Decke das farbenfrohe weißblaue Bandelwerk (Decke) und die
kräftigen Fruchtboschen sowie die perspektivische Bemalung der Baluster (Empore
) erwartet! Die Säulen der Empore wiesen zwei in kurzem Abstand auf
einander gefolgte Bemalungen auf, zuerst die „Behängung" mit einem schweren
Fruchtboschen; dieses Dessin wurde (offenbar noch durch den gleichen Meister)
alsbald mit einer groß gemaserten Marmorierung übermalt. Offenbar empfand
man die Verdoppelung des Motivs der Fruchtboschen (an den Mittelpfosten der
Emporenbalustrade und an den Säulen) als zu viel und löschte daher die Fruchtboschen
an den Säulen wieder.

Nunmehr erstrahlt der Kirchenraum wieder in seiner originalen frohen
Farbigkeit. Noch andere evangelische Kirchenräume des 18. Jahrhunderts im
Markgräflerland müssen, wie die gegenwärtige Renovierung der Schallbacher
Kirche zeigt, im 18. Jahrhundert über eine weit reichere Farbigkeit im Innenraum
verfügt haben, als dies heute der Fall ist. Und glücklicherweise konnte die
für den protestantischen Kirchenraum des 18. Jahrhunderts so charakteristische
Emporenanlage erhalten werden, welche die Maulburger Kirche mit der großen
Entwicklung des protestantischen Kirchenraumes des 17. und 18. Jahrhunderts
verbindet 12). Für letztere seien nur die ganz wenigen folgenden Beispiele aus
vielen herausgegriffen: die 1653 erbaute Kirche zum Hl. Kreuz in Augsburg, die
1678—80 durch Melchior Hessler erbaute Katharinenkirche in Frankfurt a. M.
oder schließlich die 1709—1725 errichtete Dreifaltigkeitskirche in Worms (alle
in ihrem ursprünglichen Zustand der Emporenanlagen). Das für den protestantischen
Kirchenbau so wesentliche Motiv der Emporen geht bekanntlich auf den
Urbau des protestantischen Kirchenbaus zurück, den 1623 durch den großen
Architekten Salomon de Brosse errichteten und 1685 zerstörten Temple de
Charenton bei Paris.

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