http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-01-02/0151
Auf der Vorderseite (Abb. 7) sieht man eine grob geformte Rocaille, darüber eine
offene Muschelschale, darauf ansetzend zwei dreimal verschlungene Rebzweige
mit fünf Trauben, alles recht derb und unbeholfen gehauen. Die Jahrzahl ist etwas
mißglückt eingepaßt, so daß die 9 an den Rand der Rocaille gerät. In der Rocaille
die Initialen:
CWB (Carl Wilhelm Brunner)
V (Vogt)
17 79
Schon die ungelenke Ausführung des Dekors und gar die mißglückte Platzverteilung
bei der Jahrzahl schließen aus, daß M. Abt den Obelisken gefertigt
hat. Wie wir jetzt wissen, war er 1779 auch bereits verstorben. Nach der Gemeinderechnung
1779 von Hertingen (Anlage 23 zu fol. 16) hat ein Steinhauer Rösch
aus Hauingen den Brunnen gefertigt. Er hat die Konzeption des M. Abt vom
nahen Blansingen aufgegriffen, aber nur ganz unzureichend im Stein verwirklicht.
Dank dem uns erhaltenen Voranschlag vom 15. 6. 1773 (hier Anlage 2) für den
Brunnentrog im Schliengener Schloßpark (Abb. 8) können wir diesen auch M. Abt
zuweisen. Die acht Seitenteile des großen Troges sind aus Hauinger Buntsandstein
(„guther und thaurhafter Stein ohne Stich und Lager"). Ein älterer Stock, den
wir nicht kennen, ist dabei nur ausgebessert worden, ebenso das alte Speirohr
wieder eingesetzt. Das Dekor auf einer Seitenwand des Troges (Wappen mit darunter
stehender Jahrzahl 1773) wird im Voranschlag nicht erwähnt (Abb. 9).
Für diese Arbeit erhielt M. Abt am 7. 11. 1773 den Betrag von 170 fl, entsprechend
212 Pfund 10 ß Basler Währung. Dabei hat er sich bei der Aufrechnung der
Position 6 des Angebots (vgl. Anlage 2) um 6 fl selber vertan, weitere 29 fl hat ihm
der Fürstl. Baudirektor Peter Paris 9) noch vor dem Zuschlag abgehandelt, so daß
er insgesamt 35 fl eingebüßt hat. Später hat M. Abt zu diesem großen Trog noch ein
Sudel-„Tröglein" aus Hauinger Stein geliefert, das am 23. 2. 1774 bezahlt wurde,
aber heute nicht mehr vorhanden ist.
3
Fassen wir zusammen: Die Signatur „Mathäus Abt" auf dem Obelisken des
Tüllinger Brunnens warf die Frage auf, wer ist dieser Mathäus Abt? Die vorstehend
zusammengestellten Ergebnisse unserer Nachforschungen erlauben folgende
Kurzbiographie:
Mathäus Abt, geb. am 16. 9. 1736 in Böhmenkirch Ostalb (Eltern: Matthäus Abt
aus Möglingen Remstal und Anna Christina geb. Schareiter, vermutlich aus
Böhmenkirch), verh. am 19. 4. 1762 in Istein mit Maria Anna Grenie (diese geb.
am 14. 3. 1731 in Kirchhofen/Breisgau; Eltern Johann Baptist Grenie und Anna
Maria Maurer, Landfahrende), seit dem 2. 12. 1762 Hintersäß in Istein, fünf
Kinder, Steinhauer- und Maurermeister, Meister in der Röttier Steinhauerzunft,
gest. in Istein am 14. 2. 1776 (Ehefrau gest. in Istein am 3. 11. 1775). Nachgewiesene
Arbeiten: Dorfbrunnen in Blansingen (1767), Dorfbrunnen in Tüllingen
(1769), 8-wändiger Trog im Schloßpark in Schliengen (1773).
Seine Arbeiten erweisen M. Abt als vielseitigen und tüchtigen Handwerker, der
aus seiner Heimat, dem Ellwangen-Neresheimer „Pfaffenwinkel", Sinn für
barocke Formen mitgebracht hat. Bleibt die Frage, was seine Brunnen neben dem
Reblaubdekor von den anderen zeitgenössischen Brunnen (Tumringen 1774, Bellingen
1784, Haagen 1788, Hauingen 1788 u. a.) unterscheidet. Es ist der auffallende
Verzicht auf die bärtige, primitive Speimaske. M. Abt, dem aus seiner
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