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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 200
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0018
Bei der amtlichen Regelung der neuhochdeutschen Rechtschreibung im Jahre
1901 arbeiteten jedoch sogar österreichische und schweizerische Fachleute mit, um
das orthographisch Allgemeingültige für den gesamten deutschen Sprachraum
festzusetzen.

Einstweilen abgeschlossen war somit die zähe, regelnde Arbeit, die vom 16. bis ins
20. Jahrhundert hinein die hochdeutsche Mundart hauptsächlich in Bezug auf Wortwahl
, Wortform und Schriftbild allmählich zur Nationalsprache gestaltet hatte.

Den Sprachklang als Gegenstück zum Sprachbild hatte die Sprachpflege bislang
dem Bildungsstand und dem Sprachwillen des Einzelnen überlassen. Das Sächsisch-
Meissnische hatte nur als Muster, als Richtziel gegolten, um das Grobmundartliche
in der gehobenen Sprache einzudämmen.

Wohl hatten schon die Klassiker die dringende Notwendigkeit erkannt, eine
Vereinheitlichung der deutschen Aussprache wenigstens auf der Bühne durchzuführen
, d. h. da wo sie sich an gebildete Hörerkreise wendeten und Gefahr liefen,
die Handlung durch unschöne Spracheffekte zu beeinträchtigen.

Klassische Stücke wie z. B. Lessings „Nathan der Weise" (1779) oder Goethes
„Iphigenie" (1786) verlangen ein reines überlandschaftliches Sprechen.

Goethe hat das in seinen „Regeln für Schauspieler" (1803) eingesehen und
folgende entsprechende Abhilfe vorgeschlagen: „Wenn mitten in einer tragischen
Rede sich ein Provinzialismus eindrängt, so wird die schönste Dichtung verunstaltet
und das Gehör des Zuschauers beleidigt. Daher ist das Erste und Notwendigste
für den sich bildenden Schauspieler, daß er sich von allen Fehlern des Dialekts
befreie und eine vollständige, reine Aussprache zu erlangen suche. Kein Provinzialismus
taugt auf die Bühne. Dort herrsche nur die reine deutsche Mundart, wie
lismus taugt auf die Bühne. Dort herrsche nur die reine deutsche Mundart, wie sie
durch Geschmack, Kunst und Wissenschaft ausgebildet und verfeinert worden (ist)."

Ja, die deutsche Aussprache wurde zuerst auf der Bühne gepflegt, jedoch ohne
jegliche sprachwissenschaftliche Grundlage. Erst mit dem Aufkommen der Phonetik
am Ende des 19. Jahrhunderts konnte das Neuhochdeutsche lautlich systematisch
beschrieben und methodisch bestimmt werden.

Also kamen im Jahre 1897 die Leiter der großen deutschen Theater sowie Universitätsprofessoren
in Berlin zusammen, um das Grundlegende der neuhochdeutschen
Aussprache zu umreißen und beauftragten den Schlesischen Germanisten
Theodor Siebs (1862—1941) damit, sprecherzieherische Anleitungen für die Praxis
des deutschen Schauspielers zu entwerfen. In seinem bekannten Werk „Deutsche
Bühnenaussprache" (1898) gab er feste Anhaltspunkte und Richtlinien für die korrekte
Lautung der deutschen Hochsprache. Die von ihm ausgearbeitenden Regeln
wurden mittlerweile vom Aussprache-Duden im großen ganzen übernommen und
dienen der deutschen Sprachpflege immer noch als Richtschnur.

Die beiden Weltkriege haben durch ein buntes Durcheinanderwürfeln der
Menschen, insbesondere der Männer in der Wehrmacht, sowie durch die einheitliche
Verwaltungs- und Kommandosprache wesentlich zur Planierung der Volkssprache
beigetragen. So wurden viele Berliner Spracheigentümlichkeiten durch Studenten
und Soldaten verbreitet, vom preussischen Unteroffiziersjargon, dem würzigen
Kommisdeutsch und seinen berüchtigten Kasernenhofstilblüten ganz zu schweigen.

Unter dem strengen nationalsozialistischen Regime wurde die Normierung der
Sprache aus innerpolitischen, wirtschaftlichen und kulturellen Gründen stark
vorangetrieben. Offiziell eingesetzte Sprachreiniger säuberten das amtliche Deutsch
oft mit radikalen Methoden von allem Regionalen und Fremdländischen. Ein
möglichst reines, „germanisches Deutsch" mußte geschrieben und gesprochen werden
, dies mit „wirksamer Nachhilfe" von Seiten offizieller Propaganda-Dienststellen
.

Nach dem zweiten Weltkrieg, da Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt
und fremden Mächten unterstellt wurde, lief die mühsam zustandegekommene
Schriftsprache Gefahr, unter verschiedenartigen Einflüssen seine Einheit wieder zu
verlieren.

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