Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
38.1976, Heft 3/4.1976
Seite: 211
(PDF, 38 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0029
linguistisch und spricht demzufolge Schweizerdeutsch, Elsässerdeutsch, Badisch
(oder Alemannisch), Schwäbisch und Vorarlbergisch. Die meisten Schweizer wissen
nicht einmal, daß ihre Mundart auch jenseits des Rheins Geltung hat. Diese
Ignoranz wird trefflich illustriert durch das Hochgefühl, das den Grünen Heinrich
auf seiner Reise nach Deutschland beim Uberqueren des Stroms ergreift.

„Denn ich befand mich auf deutschem Boden und hatte von jetzt an das Recht
und die Pflicht, die Sprache der Bücher zu reden, aus denen meine Jugend sich
herangebildet hatte und meine liebsten Träume gestiegen waren. Daß es nicht
in meinem Erinnern leben konnte, ich sei nur von einem Gau des alten Alemanniens
in den andern hinüber, aus dem alten Schwaben in das alte Schwaben
gegangen, dafür hatte der Lauf der Geschichte gesorgt, und darum war mir das
herrliche Funkeln der grünblauen Flamme des Rheinwassers wie der Geistergruß
eines geheimnisvollen Zauberreiches gewesen, das ich betreten 29).

Noch größer ist natürlich die Unkenntnis in entfernteren Gegenden des deutschen
Sprachgebiets. Dazu kommt die verbreitete Verachtung der Mundart: für
die meisten Nurhochdeutschsprecher ist das Alemannische wie jeder Dialekt einfach
die treuherzig unverständliche Ausdrucksweise ungebildeter Leute — was immer
der Bildungshochmut darunter verstehen will —, ein verhunztes Schriftdeutsch,
das man allenfalls einem reinen Bauerndorf für den internen Verkehr zubilligt,
sonst aber mit allen Mitteln zu bekämpfen versucht. Dieses ungünstige Vorurteil
hat auch im Süden der Bundesrepublik um sich gegriffen, der Anteil der Mundartsprecher
ist im Schwinden begriffen, und die Schule stellt sich vielerorts auf
den Standpunkt, daß man, was da fallen wolle, noch stoßen müsse30). Kein
Wunder also, daß dem Dialekt immer wieder von Zeit zu Zeit sowohl von besorgten
Befürwortern als auch von Gegnern ein baldiges Ende vorhergesagt wird.

Daneben fehlt es auch nicht an Versuchen, die Mundart zu retten, nur liegt dieses
Geschäft nicht selten in der Hand von etwas weltfremden Heimatkundlern und
Lokalpoeten. Da die gleichen Leute in der Regel auch einen Hang zur Tradition
und zum Sprachpurismus haben, ergibt sich die paradoxe Situation, daß sie oft
mit all ihrem guten Willen der Mundart nicht mehr als einen Bärendienst erweisen
. Denn wenn man als „reine Mundart" nur gelten läßt, was man von
seiner Großmutter gehört hat, wenn man also die Tatsache des immerwährenden
Sprachwandels leugnet, schafft man sich in der Tat eine tote Sprache, die zur
geistigen Bewältigung des modernen Lebens untauglich wird, und man gibt
denjenigen recht, die den Dialekt nur noch auf den abgelegensten Schwarzwaldhöfen
möchten gelten lassen. Das ist der kritische Punkt, wo Sprachpflege zu
Sprachschädigung werden kann.

Abgesehen von den beiden erwähnten Haltungen, der bildungshochmütigen
und der traditionalistischen, gibt es als dritte die sprachwissenschaftliche, die die
Mundart nüchtern untersucht und unter Umständen auch einmal der Schriftsprache
gegenüberstellt, nicht um die eine gegen die andere auszuspielen, sondern
um durch die Einsicht in die Verschiedenheit der beiden Systeme zu einem tieferen
Verständnis der einen oder andern oder beider zu gelangen. Da kann man dann
bisweilen zu recht erstaunlichen Einsichten gelangen. Ich will versuchen, eine
solche Gegenüberstellung im Bereich des Vokalismus zu wagen:

Die deutsche Hochsprache kennt im wesentlichen fünfzehn einfache vokalische
Phoneme, wozu noch drei Diphthonge kommen. Es sind die folgenden 31):

a) einfache Vokale:

i: y:

I Y

e: 0:

£(:) oe
a(:)

b) Diphthonge:
al av

211

u:
o:

D

Ol


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0029