http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1976-03-04/0107
bletz" kann doch wohl mit diesem „Bletz" nicht zusammenhängen? Etwa doch
mit „Letsch"? Ich suche in allen meinen Nachschlagewerken, bis ich zufällig im
„Badischen Wörterbuch unter „Emens" entdecke, daß das Wort mit dem gallischen
„ambi-lattium" zusammenhängt. Später erhielt ich von meinem Freund aus
Karlsruhe die Kopie einer Seite aus einem Fachbuch. Hier finden sich etwa
zwanzig Begriffe, die mit „Umbletz", der Weidenschlinge in Verbindung stehen,
angefangen vom Weidenband am Joch, über den geflochtenen Ring bis zum
Haltering am Pflug. Es wird erklärt, daß „ambi-" keltisch herum und „-lattium"
gallisch (also auch keltisch) von „latta", Latte stammt. Über die Verbreitung ist angegeben
: „Das Wort erstreckt sich in einem langgezogenen Streifen durch die
Mitte Frankreichs von West nach Ost und setzt seine Zone in gleicher Richtung
weiter durch die oberitalienischen ,deutschen Alpenmundarten bis nach Kärnten".
Und dieses uralte, einmal weitverbreitet gewesene Wort ist mir hier in Freiburg
auf der Eichhalde am Gartenhag begegnet.
Chuchichänsterli
Man sagt in Alemannien, wer dieses Wort richtig aussprechen könne, sei ein
Einheimischer, kein Inegschmeckte, kein Hergloffene.
Zu diesem Ch sagt der Wissenschaftler nicht von ungefähr Ach-Laut: Er wird,
wie bei „ach", als Gaumenlaut tief hinten im Rachen gebildet. Es muß im Halsgrund
richtig kratzend reiben und schaben. „Ach", „doch" und „Buch" können
alle Deutschen mit diesem Ach-Laut aussprechen. Doch bei „ächzen", das von
„ach"-sagen kommt, sowie bei „echt", oder gar beim „Chuchichänsterli" wird's
schwierig. An ihren „Bächli" (mit Ach-Laut und I) könnt ihr sie erkennen: Die
alemannischen Freiburger nämlich, die allmählich immer mehr zu dem nördlicheren
„Bächle" (ohne Ach-Laut und mit E) übergehen. Die Alemannen stehen gar nicht
so einsam in der Welt mit diesem ihrem charakteristischen Ach-Laut. Wir können
ihn im „Glotzkasten" hören, wenn Hebräer oder Ägypter sprechen. Und wenn
wir genau hinloosen, vernehmen wir dort das harte, im hintersten Halsteil rauh —
wir sagen „ruuch" — hervorgepreßte Ch. Und damit wären wir im Orient, woher
unser Chuchichänsterli herstammt: Babylonien. Das ist kaum glaubhaft, jedoch
im Etymologischen Wörterbuch von Kluge/Götze steht: „Aus griechisch känistron,
aus Rohr geflochtener Korb, wurde Kanister; das Wort erreicht uns als byzantinisches
Lehnwort und ergibt schlesisch Keister, Schulranzen, das sich mit Tornister
mengt. Das griechische Wort gelangt auch als canistrum ins Lateinische und
erreicht über italienisch canestro den deutschen Südwesten: frühneuhochdeutsch
kensterlein wird über Speisekorb an der Wand zu Wandschränkchen . . . Kanal,
Kaneel, Kanister, Kanon, Kanone, Kanüle, Knaster usw. gehen auf ein babylonisches
Wort der Bedeutung Rohr zurück . . .
Wir sehen: Chänsterli hat's in sich. Es ist ein sehr altes Wort, wenn man bedenkt
, daß die Babylonier vor rund viertausend Jahren gelebt haben.
Nur ein winziges „z"
In „Das Markgräflerland", Heft 1/2-1973, Seite 81 ff weist Rolf Max Kully
mit Recht auf die vielen Unstimmigkeiten in den Hebelausgaben hin. Bei manchen
Herausgebern findet man über zweihundert solcher vermeidbaren falschen Stellen.
Das oberste Gebot, die überlieferten Texte stets gewissenhaft im Original wiederzugeben
, darf nicht dazu führen, daß einer des andern Fehler nachdruckt. Wenn
aber gar der „Druckteufel" einer Zeile einen falschen Sinn aufgezwungen hat,
„isch der Bunten ab!", wie der Alemanne zu sagen pflegt. Was nur ein winziges
„z" angerichtet hat, zeigt eine Stelle aus dem Hebelgedicht „Der Mann im Mond".
Dort ist die sechste Strophe meist so gedruckt:
Uf s Bete het er nit viil gha, uf s Schaffe n o nit viil,
Un öbbis mueß me trübe ha, suscht het me langi Wiil.
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