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mals sich selbst nicht zu erwähnen vergessen — wenn auch nicht namentlich,
sondern unter der Sammelbezeichnung „Freunde und Verehrer" des Dichters.
Rechts vom Grabmal sieht man im Mittelgrund an der Mauer wieder den schlichten
, würdigen Grabstein Zeyhers. Das Bild ist topographisch wahrscheinlich?
genauer als jenes von C. Kiefer, aber im gesamten sehr nüchtern und trocken.
Das rührt aber nicht nur von der etwas pedantischen Art des Zeichners her, sondern
zweifellos auch von dem neuen Grabmal selbst.
Es zeigt die typischen Stilmerkmale der Zeit der Jahrhundertmitte: Klassizistische
Elemente — im Sockel — mischen sich mit romantisierend gotischen — in der
Stele. Aber da ist nichts mehr von der Wucht der an Antike und Renaissance
orientierten Schöpfungen etwa Weinbrenners, nichts von der edlen Schlichtheit
der klassizistischen Formen, wie sie etwa der in seiner Nische stehende Grabstein
Zeyhers — der Gartenbaudirektor ist 1843 gestorben — noch aufweist. Aber auch
die neugotischen Elemente des Grabmals prägen sich nicht rein aus. Wohl ist die
Stele noch ein wenig angerührt von jener Zurückhaltung und Sparsamkeit der
Erscheinung, die viele neugotische Architekturwerke der Zeit auszeichnet und
ihnen eine gewisse Vornehmheit verleiht; wohl bringt sie durch gotische Hohlkehle
und durch die Fraktur einen romantischen, einen „vaterländischen" Ton in
den ganzen Entwurf. Aber zu massig liegt der aufdringliche Unterbau der Einfassung
der Schlankheit des Gedenksteines zu Füßen und zerstört ihre Wirkung.
Das Ganze ist sehr brav und übersichtlich aufeinandergesetzt, aber es ist konstruiert
und erinnert an Vorlagen zu einem Baukasten. Die Unausgeglichenheit mag von
der Vielköpfigkeit des Komitees herrühren, das sich mit dem Entwurf zu befassen
hatte. Sehr wahrscheinlich wäre ein Grabmal nach einem römischen Vorbild, wie
es Staatsrath Brunner vorgeschlagen hatte, einheitlicher in der Erscheinung und
eindrucksvoller in der Wirkung gewesen. Sehr wahrscheinlich wäre auch der alte
Grabhügel mit der schlichten Platte auf der Seite heute noch eindrucksvoller als
das stilistisch seltsam gemischte Denkmal, dessen Anblick den ästhetischen Fähigkeiten
der um die Erstellung bemühten Kunst- und Bauexperten kein allzugutes
Zeugnis ausstellt. Indessen — jede Zeit hat ihre Formen, und zweifellos waren die
Förderer und Erbauer des Hebelgrabmals voll des guten Willens, auf Hebels
Grab ein möglichst schönes Denkmal zu setzen, und hatten die Uberzeugung, daß
ihnen das auch gelungen war. Kein Zweifel auch, daß das neue Grabmal auf die
damals Lebenden auch eine große Wirkung ausübte und die Bedeutung Hebels
herausstellte, weil es dem Zeitgeschmack entsprach.
Wenden wir uns nun noch dem Schlußwort zu, das Junker seinem Hebel-
Büchlein beifügt, da es noch manches Wissenswerte über das Grab Hebels bringt:
Zunächst erwähnen wir des nach der Hebelfeier aufgetauchten einseitigen Gerüchtes,
als sei Hebel gar nicht an der Stelle begraben, wo sein Denkmal steht, sondern an einem
ganz andern Theile des hiesigen Kirchhofes. Wir haben von Personen, die sich der Beerdigung
Hebels noch gut zu erinnern wissen und bei denen eine genaue Kenntniß aller einschlägigen
Verhältnisse vorausgesetzt werden darf, die feste Versicherung erhalten, daß
Hebel wirklich da ruhe, wo nun sein Denkmal errichtet ist und eine gegentheilige Behauptung
aller Begründung entbehre. Höchstens der nun beseitigte Stein, den Zeyher selbst auf
das erhöhte Grab des Freundes im April 1827 habe legen lassen, um einige Linien seitwärts
von dem neuangelegten Durchgangswege gerückt worden sein, über die Identität der Grabstätte
selbst aber könne kein Zweifel obwalten.
Der Gartendirektor Zeyher selbst hatte also die Anlage des Hebelgrabes gestaltet
, die den Späteren dann so sehr mißfiel und die doch viel schöner und
würdiger war als das Steinmal von 1859. Von diesem selbst gibt Junker sodann
folgende Beschreibung:
Das Grabdenkmal selbst, von welchem bereits die Kunsthandlung Meder in Heidelberg
eine Abbildung in größerem Maaßstabe hat anfertigen lassen, (auch ist dasselbe in der
Leipziger illustirten Zeitung vom 28 Mai d. J. nach einer Photographie abgebildet erschienen
,) besteht aus dem wohlgetroffenen und mit dem Lorbeerkranz geschmückten
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