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kundt männiglich hiermiet. . .", von einem berechtigten Selbstbewußtsein und
Stolz.
Auf diesem großväterlichen Hofgut in Bürchau wurde Hans, der spätere Müller,
am Ostermontag des Jahres 1652 geboren und reifte an der Seite dieses prächtigen
Mannes bis in das zwanzigste Lebensjahr. Bereits wenige Wochen vor seiner Geburt
hatte der noch als Vogt amtierende Großvater seinen eigentümlichen Hof
dem „lieben und fründlichen Sohn Fridolin zu kaufen gegeben", welcher diesen
„sampt Beladung und der halben Saat, so diesen Sommer gesetzet wurde" und
einigen Liegenschaften zu den im Waldland üblichen Bedingungen auch „kaufte"
und nach dem Willen des Verkäufers „noch ein Jahr lang in des Vadders Hus und
Brod" war, womit gesagt wäre, daß dieser „Kauf erst ein Jahr später rechtskräftig
wurde. Die Eltern des kleinen Hans lebten demzufolge bei seiner österlichen Ankunft
noch in des Großvaters „Brod", dafür blieb später der Großvater bis in sein
80. Lebensjahr an der mütterlichen Suppenschüssel. Er lebte jedoch längst nicht
mehr, als sein Enkel Hans auf der Kastelmühle „eine Schlange" an seiner haarigen
Männerbrust zog und mit dem regierenden Sohn seines Markgrafen, in dessen
Namen er einst Recht sprach, bezüglich „der beyden Weibern ihren Großvätern"
korrespondierte.
Nach der verlorenen Schlacht um den Besitz der Kastelmühle gab sich der
Vogts-Enkel, der, im Gegensatz zu den meisten Zeitgenossen, lesen und schreiben
konnte, nicht geschlagen und baute „nur etliche hundert Schritt" von der Kastelmühle
entfernt, ein neues Mühlenobjekt. Es kann zu Recht vermutet werden, daß
auf diesem Terrain bereits die verbrannte Mühle stand, denn die Mühlen brauchten
zum Leben nicht nur Wasser, sondern der Mühlenzins oder sogenannte „Wasserfall
" haftete nicht nur auf den laufenden Rädern, sondern lag auch auf bestimmten
Plätzen. Die Kleine Wiese hatte zudem auf der Gemarkung keinen günstigeren
Platz für ein Mühlengewerbe anzubieten, denn das in Frage kommende Gebiet um
die alte Sägmühle war seit vierzig Jahren bereits in festen Händen der Nachkommen
des Vatersbruder Mathias Eichy, welcher einst eine Dörflinger, vermutliche
Nachfahrin des alten Sägemüllers Jerg Dörflinger, heiratete und elf Kinder
zeugte.
Bereits 1695 wurde Hans Eichy als „Müller von Bürchau" genannt, während
sein Widersacher Hotz mit „Kastelmüller" bezeichnet wurde, demgemäß hatte der
Müller von Bürchau auch eine Mühle, denn ohne solche wäre er mit dem singenden
und klingenden Titel dem mahlenden Gewerbe nicht zugeschlagen worden.
Zu diesem Zeitpunkt war der Müller von Bürchau 43 Jahre alt, hatte von seinen
neun Kindern vier auf den Friedhof getragen, jedoch 3 stramme Söhne und zwei
Backfische in seinem Haushalt, welche in den nächsten Jahren Geld brauchten,
um auf einen der Höfe des Tales einzuheiraten, denn alle fünf konnten ja schließlich
die Mühle nicht übernehmen. Die erste Hürde wurde 5 Jahre später mit
Eleganz gemeistert, denn die beiden älteren Kinder, Friedlin und Anna, hielten
im Jahre 1700 Doppelhochzeit, und während letztere mit ihrer Mitgift zu ihrem
Ehemann nach Neuenweg entschwebte, brachte Friedlin am selben Tag seine Maria,
die Tochter des seligen Bauherrn der Kastelmhüle, samt ihrem Vermögen in die
Bürchauer Mühle. Ein Jahr später starb plötzlich die 51jährige Müllerin, welche
die Bezeichnung zu Recht trug, denn schließlich war sie mit ihrem Mann Hans
Eichy nicht nur dreißig Jahre verheiratet gewesen, sondern mit ihm von der verbrannten
Mühle auf die Kastelmühle und zurück in die neue Mühle gewandert.
Zur selben Zeit starb auch der Kollege in Neuenweg, dessen Sohn mit seiner
jüngsten Tochter liebäugelte. Folglich heiratete Hans Eichy ein halbes Jahr später
die verwitwete Müllerin von Neuenweg, welche mit ihrem Erbteil zu ihm auf die
Bürchauer Mühle zog, während die Bürchauer Müllerstochter in der Neuenwegner
Mühle Einzug hielt. Hans Eichy scheint bei aller Liebenswürdigkeit auch rechnerisch
begabt gewesen zu sein, denn er hielt in den Aufbaujahren den Mühlenbesitz nicht
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