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Frau gewesen sein könnte, mit der er getanzt hatte. Doch als er in die Schlafkammer
trat, lag sie in ihrem Bett und schlief. Er wollte sie anfassen, da war sie aber
verschwunden, und nur ein paar Hälmlein Stroh fielen zu Boden. Am Morgen, als
er aufwachte, lag seine Frau neben ihm und schlief, und er wußte nicht, ob er
das alles nicht nur geträumt hatte. Zufällig beobachtete er bald darauf abends
seine Frau, wie sie in der Küche stand, etwas über ein Stecklein strich und sagte:
„Obe uuse un niene hi!" und da fuhr sie auch schon auf einem Besen den Kamin
hinaus. Nun wußte er, was er sich schon seit jenem Abend gedacht hatte, daß seine
Frau eine Hexe war. Er war aber neugierig und wollte wissen, wohin sie gefahren
war. Deshalb nahm er ein Stecklein, strich etwas darüber und sagte: „Obe uuse
und überall hi!" da saß er auch schon auf einem Besen und fuhr durch den Kamin
hinaus hoch in die Luft. Weil er aber gesagt hatte „überall hin", wurde er vom
Sturmwind so herumgebeutelt, daß er zerissen und ganz zerschlagen auf der
Hexenmatte ankam. Da fand er auch seine Frau und mußte mittanzen bis gegen
Morgen.
Daheim schlug er sie heftig mit grünen Haselgerten und schickte nach dem
Hexenbanner. Der kam, bohrte ein Loch in die steinerne Hausschwelle, goß
Baumöl hinein und sprach einen Bann darüber, damit keine Hexe mehr über die
Schwelle konnte. Dann befahl er der Frau, sich nicht mehr mit der Hexerei abzugeben
um ihrer Seele Seligkeit willen. Die Frau versprach es und hielt es
auch, und die bösen Kräfte hatten keinen Einfluß mehr auf sie. Darüber war der
Mann sehr froh und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Ende. Die
Wiese, auf welchen die Hexen tanzten, nennt man heute noch „Hexmatt".
Der Wildbaum
Die Geschichte vom Wildbaum, dessen Alter niemand anzugeben wußte, hat ein
alter Mann aus dem Dorf erzählt, der sie von seinem Vater hatte.
Es stand einmal droben auf dem „Rüttifeld" bei Feldberg im weiten, guten
Ackerland ganz allein ein großer wilder Birnenbaum mit mächtigem, knorrigem
Geäst. Der trug jedes Jahr eine schwere Last Birnen, die so süß waren, daß man
daraus einen feinen Birnenwein machen konnte. Keine Birnen waren so gut wie
die vom Wildbaum. Darin war er einzig in seiner Art, wie auch in seiner Größe.
Das wußten alle, der Bauer, seine Frau und die Kinder, Knechte und Mägde und
alle im Dorf. Keiner dachte daran, daß es einmal anders werden könnte.
In der Nacht wurde der Baum gemieden, denn es wohnten Waldgeister darin,
die sich dort wohlfühlten und auch darin schliefen. Es waren gute Geister, nur
wenn man sie erzürnte, so zahlten sie es heim. So ritt einmal ein Mann von
Mauchen auf seinem Esel spät in der Nacht, anstatt nach Mauchen, am Wildbaum
vorbei. Er hatte vielleicht in Müllheim ein Viertel Reggenhager zuviel getrunken,
denn er rief unter dem Wildbaum: „Zeige euch doch, schöni Hulde!"
Weil sie sich nicht zeigten, schimpfte und fluchte er. Aber als er den Heimweg
suchte, konnte er ihn nicht finden. Er mochte reiten, so streng er wollte. Immer
wieder kam er beim Wildbaum an, und es war ihm, als höre er die Waldfrauen
darin lachen. Erst gegen Morgen entließen sie ihn nach Haus.
Der Bauer, dem der Acker gehörte, wußte schon von seinem Großvater, wie
man den guten Waldfrauen, die man nur ganz selten sah, eine Freude machen
konnte. Nie vergaß er, vor der Ernte mit seinen Leuten die Kappe abzunehmen
und ein Vaterunser zu beten. Danach verbeugten sie sich stets auch vor den guten
Geistern im Baum. In der heiligen Nacht warf der Bauer eine Handvoll Körner
in die Luft über den Acker. Das gefiel den Waldgeistern, aber dem Teufel gefiel
es nicht. Und er grübelte, wie er wohl das gute Verhältnis stören könnte. Eines
Tages beschloß der Teufel, selbst zum Bauern zu gehen. Er hatte einen langen
Mantel an wie ein Händler und trug einen großen Hut auf dem Kopf. Er tat so,
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